Zitronenmelisse – Melissa officinalis

Gebräuchliche Namen: Zitronenmelisse, Melisse, Herztrost, Bienenkraut, Englische Melisse, Citronella, Citronenmelisse, Mélisse officinale, Lemon Balm, Melissenblatt, Melissa officinalis, balm mint, dropsy plant, sweet mary, toronjil, bálsamo de limón, monarde
Lateinischer Name: Melissa officinalis
Herkunft: Afrika, Asien, Australien, Europa, Südamerika, Nordamerika
Kurzvorstellung
Zitronenmelisse gedeiht an sonnigen Plätzen mit schwerem, nicht zu feuchtem Boden. Sie wird durch Samen oder Teilung älterer Büsche vermehrt. Die Samen werden Ende April oder Anfang Mai ausgesät. Im Herbst oder im darauffolgenden Jahr wird Zitronenmelisse an einen festen Standort gepflanzt, wo sie 3–5 Jahre wächst. Geerntet werden die Blätter oder das Kraut.
Ausführliche Beschreibung
Die beruhigende und entspannende Heilpflanze mit antiker Geschichte.
Botanische Informationen
Zitronenmelisse ist eine bis zu 1 Meter hohe, verzweigte, aufrechte Staude mit einem schuppenförmigen Wurzelstock. Die dünnen, gegenständig angeordneten Blätter sind lang gestielt, eiförmig bis lanzettlich und besitzen einen fein gesägten Rand. Die Blüten stehen in Scheinquirlen, sind hell rosablau bis gelblich-weiß. Die Frucht ist eine Klausenfrucht. Alle Teile der Pflanze verströmen einen intensiven Zitronenduft, der auf das ätherische Öl zurückzuführen ist.
Herkunft und Verbreitung
Zitronenmelisse stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum, dem Iran und Zentralasien. Heute wächst sie praktisch weltweit, von Nordamerika bis Australien. Die wichtigsten Anbauländer sind Ungarn und die Staaten Osteuropas.
Verwendung / Dosierung
Zitronenmelisse wird traditionell eingesetzt, um Bienen zur Honigproduktion anzulocken. In manchen Regionen dient sie auch als Zierpflanze oder wird aufgrund ihres Aromas in der Parfümherstellung verwendet – insbesondere in der Kosmetikindustrie. Diese Pflanze ist zudem in der Küche sehr beliebt: Sie verfeinert Fleischgerichte, Salate, Eiscreme, Liköre, Kaugummis, Honig oder Desserts und findet in zahlreichen Zahnpasten Anwendung.
Zitronenmelisse gilt als eine der ältesten Heilpflanzen. Sie war einst Bestandteil der berühmten „Karmelitergeist“-Tropfen, die eine Kombination aus Pfefferminze, Kamille und vor allem beruhigenden und verdauungsfördernden Eigenschaften aufweisen. Der Medicus Paracelsus bezeichnete Zitronenmelisse als ein Elixier des Lebens und sagte ihr angstlösende, antidepressive und antistress Wirkungen nach. Er empfahl sie gegen Schlaflosigkeit und nervöse Unruhe, besonders für Kinder und ältere Menschen bei Nervosität und Einschlafstörungen.
In Tierversuchen und Modellen zu Angst und Stress erwiesen sich die in Zitronenmelisse enthaltenen Wirkstoffe als beruhigend, angstlösend und antidepressiv, wobei unterschiedliche Effekte je nach Geschlecht beobachtet wurden.
Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat die beruhigende Wirkung und Wirksamkeit bei Schlaflosigkeit von Zitronenmelisse anerkannt. Studien zeigen, dass die regelmäßige Einnahme von Mischungen (oder reiner Zitronenmelisse) die Symptome bei Menschen mit leichter Angst, Nervosität oder Unruhe lindern kann.
Weitere Untersuchungen belegen positive Effekte der Inhaltsstoffe bei Schlafproblemen, insbesondere eine Verbesserung von Qualität und Dauer des Schlafs bei gesunden Menschen und insbesondere bei Menschen mit Insomnie oder Schlafstörungen.
Rund 600 mg Zitronenmelisse-Extrakt führten in einer klinischen Studie zu einem ruhigeren Gemütszustand und besserer Aufmerksamkeit bei Erwachsenen nach einem Stresstest. Eine weitere Studie berichtete über weniger ängstliches Verhalten bei Kindern – sowohl bei höheren Einzeldosen als auch in Kombination mit anderen Heilpflanzen. Eine interessante Studie zeigte verringerte Reizbarkeit und Nervosität bei Patienten mit stressbedingter Angst nach 4-wöchiger Einnahme von Melissenpräparaten.
Erste klinische Erfahrungsberichte zeigen das Potenzial zur Linderung von Nervosität, Unruhe und Symptomverbesserung bei leichter bis moderat ausgeprägter Alzheimer-Krankheit nach mehrmonatiger Anwendung. In einer Studie hatte die äußerliche Anwendung auf Gesicht und Händen eine beruhigende Wirkung auf Patienten mit verschiedenen Demenzformen.
Einige Inhaltsstoffe der Zitronenmelisse können bei Bauchschmerzen, Blähungen, infektiösen Durchfallerkrankungen sowie bei Wechseljahrsbeschwerden und Menstruationsschmerzen lindernd wirken. In einer klinischen Studie zeigte die Kombination aus Zitronenmelisse und anderen Heilpflanzen eine angstlösende Wirkung bei Säuglingen mit Dreimonatskoliken. Nach 7 Tagen mit jeweils 12-stündigen Einnahmeintervallen verringerte sich die Schreidauer der Babys.
Mischungen mit Zitronenmelisse zeigten Erfolge bei Reflux, Magenschmerzen, Krämpfen, Erbrechen und Übelkeit. Patienten mit Colitis ulcerosa berichteten über eine spürbare Linderung von Bauchschmerzen und einer Verbesserung der Verdauung sowie der Darmperistaltik. Eine andere Studie beschrieb schmerzlindernde Effekte und weniger Unwohlsein beim Reizdarmsyndrom nach Einnahme von 30 Tropfen Melissenextrakt dreimal täglich über zwei Monate.
Die Wirkstoffe in den Melissenblättern besitzen antioxidative Eigenschaften, indem sie in definierten Konzentrationen die Aktivität freier Radikale hemmen – somit ist Zitronenmelisse ein starkes Antioxidans. Diese antioxidative Wirkung der enthaltenen Polyphenole wurde in vielen in-vitro-Studien beschrieben.
In-vivo-Studien und Tierversuche belegen die kardioprotektiven Effekte von Melissenblattextrakt in geringer Dosierung bei durch Ischämie induzierten Schäden des Herzgewebes. Die Untersuchungen enthielten auch spezielle Herzmarker wie Troponin I.
Die Inhaltsstoffe der Zitronenmelisse wirken beruhigend bei Herzklopfen, Herzbeschwerden und Schlaflosigkeit. Sie verlangsamen den Herzschlag und senken den Blutdruck. In Tiermodellen zeigte sich ein positiver Effekt auf die Herzfunktion, etwa bei der Harmonisierung des QRS-Intervalls im EKG. Ebenso wurde eine Regulierung von Herzfrequenz und Blutdruck festgestellt, weshalb die Pflanze zur Unterstützung einer normalen Kreislauffunktion eingesetzt wird.
Das in Blättern und Kraut enthaltene ätherische Öl wurde vielfach auf seine Wirkung auf die Atemwege untersucht. Die Substanzen sind leicht antibiotisch wirksam, fördern die Funktion des Bronchialepithels und können die Atemwege leicht erweitern sowie hustenreizstillend wirken. Aufgrund dieser positiven Eigenschaften ist die Unterstützung einer normalen Lungenfunktion von Behörden wie der EMA anerkannt.
Volksmedizin
In der Volksmedizin wird Zitronenmelisse als beruhigendes Mittel bei Angst, leichter Unruhe, Depression und Schlaflosigkeit verwendet. Auch bei stressbedingtem Herzklopfen und nervöser Reizung wird sie angewendet. Für Kinder gilt sie als Mittel bei Appetitlosigkeit, Verdauungsstörungen, krampfartigen Bauchschmerzen, Blähungen, Säurebeschwerden und einem allgemeinen Unwohlsein.
Zerstoßene Blätter oder Tinktur können auf Stirn und Schläfen bei Kopfschmerzen oder Migräne einmassiert werden. Aus historischen Kräuterbüchern sind Umschläge oder Balsame aus Melisse bei Herpes (herpesbedingte Infektionen), sowie äußerliche Anwendungen bei rheumatoider Arthritis, Prellungen und Schwellungen sowie bei Entzündungen der Haut bekannt.
Wirkstoffe
Die Hauptwirkstoffe sind ätherische Öle (ca. 0,15 %) mit Citral, Citronellal, Luteolin, Apigenin, Geraniol und deren glykosidischen Derivaten. Weitere wirksame Bestandteile sind phenolische, triterpenische Substanzen. Die Blätter enthalten zudem rund 4 % Gerbstoffe.
Traditionelle Dosierung
Zitronenmelisse wird therapeutisch als frisches oder getrocknetes Blatt beziehungsweise Kraut angewendet. In Teemischungen findet sich meist ein geschnittener oder zerkleinerter Teil der Pflanze. Es sind auch Tinkturen (1:5 in 45 % Ethanol), Sirup oder flüssige Extrakte erhältlich. Der flüssige Extrakt wird typischerweise in einer Dosierung von 2–4 ml dreimal täglich eingenommen, die Tinktur 2–6 ml dreimal täglich. Zur Behandlung von Schlafstörungen wird eine Anwendungsdauer von höchstens zwei Wochen empfohlen.
Erwachsene und Kinder über 12 Jahre können einen Kräutertee aus Zitronenmelisse in einer Menge von 1,5–4,5 g dreimal täglich genießen. Die Ziehzeit beträgt optimalerweise circa 10 Minuten. Zitronenmelisse wird pur oder in Kombination mit Majoran, Engelwurz, Baldrian und Dost in unterschiedlichen Mischungen verabreicht.