Winterlinde – Tilia cordata

Winterlinde – Tilia cordata

Gebräuchliche Namen: Winterlinde, Sommerlinde, Linde, Malvenbaum, Tilia cordata, Tilia, Lindenblüte, Lindenbaum, Small-leaved Lime (Englisch), Littleleaf Linden, Basswood, Tilleul (Französisch), Tilo (Spanisch), Lime Tree, Small-leaved Linden, Sapwood, Fleur séchée de tilleul, Lindenblüten, Tilia cordata (Lateinisch)

Lateinischer Name: Tilia cordata

Herkunft: Asien, Australien, Europa, Nordamerika

Kurzvorstellung

Die Winterlinde bevorzugt Standorte mit lehmigem Boden, gedeiht jedoch auch auf sandigen, nährstoffarmen Substraten, sofern ausreichend Feuchtigkeit vorhanden ist. Sie ist winterhart und die ruhenden Zweige überstehen Temperaturen bis zu –34 °C. Trockenheit hingegen verträgt der Baum schlecht. Am besten wächst die Winterlinde in Böden mit einem pH-Wert zwischen 5,0 und 8,0. Sie bevorzugt feuchte, gut durchlässige Standorte mit geringem Salzgehalt. Die Blüten der Winterlinde werden vor dem vollständigen Aufblühen (ohne Fruchtansätze) geerntet, anschließend getrocknet und zur Herstellung von Teemischungen verwendet.

Ausführliche Beschreibung

Eine traditionsreiche Heilpflanze für die Atemwege und seit 1948 im Deutschen Arzneibuch verzeichnet!

Botanische Informationen

Die Winterlinde ist ein laubabwerfender, stattlicher Baum mit breiter bis pyramidenförmiger Krone, der Höhen von bis zu 40 Metern erreichen kann. Der mächtige Stamm wird bis zu 1 Meter dick und besitzt eine dünne, dunkelgraue, glatte Rinde. Die aufrecht wachsenden Äste verzweigen sich im Laufe der Zeit zunehmend. Die wechselständig angeordneten Blätter sind 3–8 cm lang, gestielt, herzförmig und geadert, auf der Unterseite fein behaart, oberseits kahl. Die Blattknospen sind schwarzbraun und stehen ebenfalls wechselständig. Von Juni bis Juli erscheinen die gelblich-weißen, zwittrigen und intensiv duftenden Blüten in Trugdolden von 5 bis 11 Einzelblüten. Die Frucht ist eine kugelige, 6–7 mm lange und 4 mm breite Nuss.

Herkunft und Verbreitung

Die Winterlinde ist in Europa heimisch. Ihr Vorkommen reicht nordwärts bis Skandinavien und Großbritannien, östlich bis zum Kaukasus, Sibirien und im Süden bis nach Portugal, Spanien, Griechenland, Bulgarien und die Türkei. Außerhalb Europas und Westasiens findet man sie heute ebenso in Teilen Nordamerikas, Australiens sowie in Ostasien, insbesondere in Südkorea. In Deutschland ist die Winterlinde bis in Höhenlagen von 900 m weit verbreitet, häufig in Laub- und Mischwäldern, aber auch gezielt als Allee-, Park- oder Straßenbaum angepflanzt.

Verwendung / Dosierung

Die Winterlinde blickt auf eine lange Tradition als Symbol- und Zierbaum zurück. In den USA spielte sie im 17. und 18. Jahrhundert eine wichtige Rolle bei der Stadt- und Parkplanung, ein berühmtes Beispiel ist die „Unter den Linden“-Prachtstraße in Berlin. Schon im Mittelalter diente ihr Holz der Waffenherstellung (belegt z. B. durch das Epos Beowulf). Die Winterlinde ist Nationalbaum von Deutschland, Tschechien und der Slowakei. In Slowenien gilt das Lindenblatt als nationales Symbol.

Die Winterlinde ist vielseitig einsetzbar: Das hochwertige Holz wird von Schnitzern und Tischlern geschätzt, traditionell wird der Baum als Schattenspender in Gärten, Parks und Alleen verwendet. Das Holz dient auch zur Herstellung von Musikinstrumenten, Möbeln, Holzkohle und medizinischer Aktivkohle (Carbo medicinalis). Die Bastfasern finden Verwendung im Schuhmacherhandwerk, in der Korbflechterei und Seilherstellung.

Bekannt und begehrt ist jedoch besonders ihre medizinische Anwendung. Als offizielle Arzneidroge im Deutschen Arzneibuch werden die Blüten mit Hochblatt (Flos Tiliae) genutzt – pur oder in Mischungen. Am häufigsten wird die Winterlinde zur Unterstützung und Aufrechterhaltung einer gesunden Atemfunktion verwendet. Die in den Blüten enthaltenen Schleimstoffe, oft kombiniert mit Holunder, Taubnessel oder weiteren Kräutern, helfen traditionell bei Erkältungen, Infekten der Atemwege sowie feuchtem Husten, indem sie das Abhusten erleichtern. In deutschen Apotheken und Kräuterfachgeschäften findet sich eine breite Auswahl an Teemischungen mit Linde zur Linderung von Husten und Bronchialbeschwerden. Studien konnten antimikrobielle und antimykotische Effekte von Lindenblütenextrakt gegen bestimmte Krankheitserreger der Atemwege nachweisen.

In-vitro-Analysen belegen zudem die Fähigkeit der Inhaltsstoffe, Lipidperoxidationsreaktionen zu hemmen, was auf eine ausgeprägte antioxidative Wirkung hindeutet. Weiter sind krampflösende (antispasmodische), blutdrucksenkende (hypotensive), adstringierende (zusammenziehende), schweißtreibende (diauretische) und leicht beruhigende (sedierende) Eigenschaften belegt. Insbesondere als schweißtreibender Tee werden Lindenblüten in Deutschland und Polen traditionell bei Erkältungen und fieberhaften Infekten genutzt. Interessanterweise werden Lindenblüten in Polen auch aufgrund einer positiven Wirkung auf das Verdauungssystem angewendet.

Bereits 1986 zeigten Versuche an Tiermodellen einen deutlichen krampflösenden Effekt der Winterlinde auf die Darmmuskulatur. Flavonoide und phenolische Säuren aus Lindenblüten bestätigten diese Wirkung in unabhängigen Untersuchungen. Eine Studie aus 2007 beschreibt weiterhin eine verminderte Beweglichkeit und Aktivität der glatten Muskulatur im Verdauungstrakt nach Gabe von Lindenextrakt.

Lindenblüten enthalten zudem leicht harntreibende (diuretische) Substanzen, die bei Nierenbeschwerden, Blasenentzündungen oder bei Reinigungs- und Durchspülungskuren des Harntraktes unterstützend wirken können, indem sie die Ausscheidung von Wasser und die Funktion der Nieren anregen.

Die Einnahme von Lindenblütentee kann in manchen Fällen zu Entspannung, Angstminderung und zur Linderung von nervöser Anspannung beitragen. Mehrere in-vivo-Studien stützen die Annahme, dass ein Einfluss auf das zentrale Nervensystem erfolgt: Der Extrakt verlängerte die Schlafzeit und reduzierte Angstsymptome, beeinflusste Aufmerksamkeit, Neugier, Bewegungsfunktionen und wirkte teils muskelentspannend. Tiermodelle deuten zudem auf einen angstlösenden Effekt durch Stimulation zentraler Benzodiazepinrezeptoren hin.

Die enthaltenen Flavonoide wirken cholesterinsenkend und stärken bei entsprechender Dosierung die Blutgefäße. Als Mechanismus der blutdrucksenkenden Wirkung wird eine Dämpfung des Nervensystems angenommen. In Polen werden Lindenblütenextrakte offiziell zur Beruhigung eingesetzt.

Lindenblüten enthalten eine Vielzahl therapeutisch relevanter Inhaltsstoffe – ihre potenziellen Medizinalwirkungen werden fortlaufend untersucht. Viele Flavonoide und die enthaltenen Cumarinsäuren haben sich als schweißtreibend (diauretisch) erwiesen. In-vitro-Studien weisen darüber hinaus auf leberschützende (hepatoprotektive) Eigenschaften hin. Arbeiten aus dem Jahr 2010 und 2006 beschreiben einen möglichen antidiabetischen sowie blutdrucksenkenden Effekt, insbesondere in Mischungen mit anderen Kräutern. Dies könnte helfen, Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck vorzubeugen.

Volksmedizin

Volksheilkundlich werden Lindenblüten traditionell bei Erkältungen, Infekten der Atemwege, verstopfter Nase, Fieber, Hals- und Kopfschmerzen empfohlen. Hausmittel und Kräuterexperten nutzen Auszüge und Tees zur Linderung von Bronchitis und als Schleimlöser für die Atemwege.

Auch zur Entspannung bei Nervosität, zur Förderung des Schwitzens, bei Inkontinenz oder Problemen der Blasenfunktion wird Lindenblütentee eingesetzt. In der Volksmedizin wird heißer Blütenaufguss für Umschläge bei Verbrennungen, Muskelkrämpfen, Cellulite, Rheumatismus und entzündlichen Erkrankungen des Bewegungsapparates genutzt.

Wirkstoffe

Die wichtigsten Inhaltsstoffe finden sich in den Blüten der Winterlinde: Kohlenwasserstoffe (u.a. Hexan, Heptan), Carbonsäuren (Wein-, Apfel-, Kaffee-, Cumarin-, Chlorogensäure) und deren Salze, Polysaccharide (Rhamnose, Galaktose, Arabinogalaktane, Arabinose, Glukose, Mannose), Uronsäuren, Flavonoide (Hesperidin, Rutin, Quercitrin, Isoquercitrin, Myricetin, Hyperosid, Astragalin, Tilirosid, Kaempferol, Quercetin), Glykoside, Terpene (Farnesol, Geraniol), Phenole (Tocopherol, Kaempferol), Tannine, Saponine, Spurenelemente (Mangan, Jod) und natürliche Steroide.

Traditionelle Dosierung

Nach gängigen medizinischen Empfehlungen werden 2–4 g getrocknete Lindenblüten mit heißem Wasser übergossen, kurz ziehen gelassen und bei Bedarf 1–2 Mal täglich als Tee getrunken. Für Kinder (4–12 Jahre) wird in Deutschland und Tschechien 1,5 g Blüten mit 250 ml Wasser, 2 Mal täglich, empfohlen; ab 1 Jahr 1 Mal täglich. Jugendliche und Erwachsene können die oben genannte Standarddosis nutzen.