Waldmeister – Asperula odorata

Gebräuchliche Namen: Waldmeister, Wohlriechendes Labkraut, Asperula odorata, Galium odoratum, Maikraut, Maienkraut, Maikönig, Süßkraut, Herzfreund, Sternleberkraut, Kumarin-Kraut, Woodruff, Sweet Woodruff, Master of the Woods, Galii odorati herba, Aspérule odorante, Petit Muguet, Reine des Bois, wild baby's breath, Marynka, Marynka vonná, Marunka, Marjanka
Lateinischer Name: Galium odoratum (dříve Asperula odorata)
Herkunft: Asien, Europa
Kurzvorstellung
Waldmeister bevorzugt halbschattige bis schattige, humusreiche und feuchte Böden mit regelmäßiger Bewässerung. Vermehrung erfolgt durch Teilung, Stecklinge oder Abtrennen von Wurzelausläufern; die Pflanze lässt sich auch aus Samen leicht ziehen. Ein Pflanzabstand von etwa 25 cm wird empfohlen. Waldmeister gedeiht oft dort, wo viele andere Pflanzen schlecht wachsen, er lässt sich außerdem in größeren Kübeln ziehen – für optimale Entwicklung ist direkter Bodenkontakt empfehlenswert, um Wurzelfäule zu vermeiden.
Geerntet wird das Kraut kurz vor oder zu Beginn der Blüte (Mai/Juni um die Mittagszeit). Die Trocknung sollte möglichst schnell bei künstlicher Wärme (bis 35 °C) erfolgen. Korrekt getrocknetes Kraut behält seine frische grüne Farbe, schmeckt leicht bitter und verströmt einen typischen Cumarinduft. Die Lagerung sollte in gut verschlossenen, dunklen Gefäßen mit wenig Feuchtigkeit und ohne direkte Sonneneinstrahlung erfolgen.
Ausführliche Beschreibung
Waldmeister ist eine traditionell geschätzte Duft- und Heilpflanze, die laut alten Kräuterbüchern „die Leber öffnet und das Herz erfrischt“. Sie findet Anwendung zur Unterstützung der Verdauung und wirkt beruhigend sowie schlaffördernd.
Botanische Informationen
Waldmeister, botanisch Asperula odorata, ist eine mehrjährige krautige Pflanze, die zwischen 10 und 50 cm hoch wird. Ihr vierkantiger Stängel trägt Quirle aus schmalen, kahlen und elliptisch bis lanzettlichen, 2–5 cm langen Blättern mit rauem Blattrand. Diese wachsen aus einem dünnen, kriechenden und stark verzweigten Rhizom. Am Ende des Stängels befinden sich lockere Trugdolden mit kleinen, weißen, röhrig-glockenförmigen Blüten mit vierzipfeliger Krone (4–7 mm Durchmesser). Die Blütezeit ist von Mai bis Juni. Die Frucht ist eine ovale, 2–4 mm große Doppelnuss, die mit kleinen Häkchen versehen ist und an vorbeistreifenden Menschen oder Tieren haftet.
Herkunft und Verbreitung
Waldmeister stammt ursprünglich aus weiten Teilen Europas und ist heute noch weit verbreitet – von Spanien und Großbritannien im Westen, über Südskandinavien, Russland, Westsibirien bis in die Türkei, den Iran, den Kaukasus, nach China und Japan. Als eingeführte Art gedeiht sie auch prächtig in Nordamerika, insbesondere in den USA und Kanada.
Die Pflanze bildet ausgedehnte Bestände, meist in Laubwäldern, bevorzugt in schattigen Buchen-, Hainbuchen- oder Mischwäldern auf sauren bis leicht alkalischen, humusreichen, lockeren und feuchten Böden, an Waldrändern und Wegen. In Deutschland kommt sie vor allem im Hügelland und vereinzelt auf Wiesenrändern vor.
Verwendung / Dosierung
Wie der Name schon sagt, zeichnet sich Waldmeister durch ein angenehm aromatisches Duftprofil aus – verursacht durch Cumarin, das auch nach dem Trocknen erhalten bleibt. Waldmeister ist geschätzt in der Likörherstellung und wird vielfach für alkoholische Getränke genutzt. In Deutschland dient er als typische Zutat für Maibowle, Maitrank, Maienwein, Punsch, Brandy, Konfitüre, Berliner Weisse, in der Schweiz für Benediktinerlikör, in Frankreich für Sekt und in Skandinavien zur Aromatisierung von Würsten und Fleischwaren.
Medizinisch wurde Waldmeister traditionell als Beruhigungsmittel, Krampflöser, Diuretikum sowie als Mittel zur Geschmacksverbesserung genutzt. In der Homöopathie wird Waldmeister bei Leberbeschwerden und Krampfzuständen der glatten Muskulatur des Verdauungstrakts angewendet; moderne Ansätze untersuchen zudem eine mögliche appetitanregende Wirkung.
Die beruhigenden Eigenschaften stehen im Fokus bei Schlafstörungen, Nervosität, Hysterie, Unruhe und einem empfindlichen Nervensystem – zahlreiche Studien berichten von positiven Effekten auf das Einschlafverhalten und die Regeneration bei Schlafdefiziten.
Mehrere in vivo-Studien beschreiben die unterstützende Wirkung der Inhaltsstoffe auf die Wundheilung mit starker epithelisierender und antioxidativer Wirkung. Andere Inhaltsstoffe sind in vitro als antioxidativ und zusätzlich entzündungshemmend durch Hemmung proinflammatorischer Faktoren bestätigt; Anthrachinonderivate zeigten eine hemmende Wirkung auf die Thymidinkinase des Herpes-Simplex-Virus mit antiviralem Potenzial.
Die wichtigsten sekundären Pflanzenstoffe sind Cumarine, Flavonoide und Tannine, die antimikrobielle, antibakterielle, angiogenetische und antioxidative Eigenschaften besitzen. Tannine fördern durch verschiedene Mechanismen die adstringierende, epitelisierende und antimikrobielle Wirkung. Cumarine wirken abschwellend und entzündungshemmend, indem sie angereicherte extrazelluläre Proteine abbauen und die Prostaglandinsynthese hemmen.
Auch die Flavonoide weisen einen entzündungshemmenden Effekt über antioxidative Mechanismen auf, indem sie freie Radikale neutralisieren und die Zellen vor Schädigung schützen – so kann die Peroxidation von Lipiden gehemmt, Gewebenekrosen verhindert und die Durchblutung sowie der Aufbau von Kollagen gefördert werden.
Cumarine und Flavonoide wurden in Tierversuchen zur therapeutischen und präventiven Behandlung von Venenentzündungen und Hämorrhoiden mit positiven Ergebnissen eingesetzt; sie zeigen Potenzial zur Unterstützung bei Krampfadern und antibakterielle Wirkung.
Die enthaltenen Asperuloside und verwandte Substanzen besitzen laut in vivo-Studien ebenfalls antiphlogistische und entzündungshemmende Effekte. In Tiermodellen konnte Waldmeisterextrakt im Vergleich zum Entzündungshemmer Indometacin immerhin eine 25%ige Hemmung der Entzündung erreichen (Indometacin 45%).
Volksmedizin
In der Volksheilkunde wird Waldmeister traditionell zur Schlafförderung, Beruhigung, äußerlich bei kleinen Hautverletzungen und eitrigen Wunden sowie bei Migräne und anderen schwer lokalisierbaren Kopfschmerzen verwendet. Durch Fermentation entsteht Dicumarol, das die Blutgerinnung verringert und so bei Thrombose, Venenentzündung und komplizierten Hämorrhoiden begleitend hilfreich sein kann.
Erfahrene Kräuterheilkundige empfehlen Waldmeister als harntreibendes und magenfreundliches Mittel, für Verdauungsbeschwerden wie Magenschmerzen, Blähungen, Nierensteine, Krampfzustände, Lungenentzündungen, Herzklopfen bei Stress, Hysterie und nervöse Beschwerden. Moderne Naturheilkundler nutzen Waldmeister als mildes Abführmittel bei leichter Verstopfung und als entzündungshemmende Begleittherapie bei rheumatischen Kniebeschwerden.
Einschränkungen
Waldmeister sollte nicht dauerhaft angewendet werden, da er bei zu hoher Dosierung Kopfschmerzen und Erbrechen auslösen kann. Eine kurzfristige, maßvolle Einnahme wird empfohlen. Wegen möglicher Wechselwirkungen mit Gerinnungshemmern ist Waldmeister bei laufender Antikoagulation ungeeignet; auch vor chirurgischen Eingriffen sollte er mindestens zwei Wochen vorher abgesetzt werden. Für die Anwendung unter 18 Jahren liegen keine belastbaren Hinweise vor.
Inhaltsstoffe
Bisher wurden in Waldmeister 225 verschiedene Verbindungen nachgewiesen. Das Kraut enthält vor allem Cumarin-Glykoside (Cumarin 0,4–1,0%), Gerbstoffe, Bitterstoffe, ätherisches Öl, organische Säuren, Vitamin C, Nikotinsäure, das terpenoide Glycosid Asperulosid (0,05–0,30%), Monotropein (0,04%), Iridoide, Anthrachinone und Flavonoide (Rutin, Fisetin, Quercitrin, Hesperidin, Chrysin, Catechin, Epicatechin).
Traditionelle Dosierung
Es existiert keine standardisierte Dosierungsempfehlung für Erwachsene. In einigen Quellen wird beschrieben, dass 15–30 g getrocknetes (etwas mehr frisches) Kraut mit 3 Tassen heißem Wasser etwa 10 Minuten ziehen gelassen werden. Für die Tinktur werden 50–80 g Kraut mit 250–300 ml Alkohol und 800–1000 ml Wasser gemischt.
Für ein aromatisches Getränk werden ca. 1,5 Teelöffel getrocknetes Waldmeisterkraut mehrere Stunden in Apfelmost eingelegt, dann abgeseiht und gekühlt serviert. Eine halbe Teelöffelmenge kann für 1–2 Stunden in Milch mit Honig eingelegt, abgeseiht und gekühlt werden. Für Maibowle werden etwa 10 g Kraut mit 0,5 L Weißwein, Zucker und Orange für ca. 12 Stunden angesetzt.