Silberohr – Tremella fuciformis

Gebräuchliche Namen: Silberohr, Silberohrpilz, weißes Chinesisches Pilzohr, weißer Chinesischer Pilz, Schneeohr, Silberohrpilz, Schnee Pilz, Silver Ear, Snow Ear, Bai Mu Er, Xue Er, Wood Ear, Shiro Kikurage, White Tree Jellyfish, Nam Tuyet, Ngan Nhi, Yin Er, White Jelly Leaf, Shirokikurage, Snow Mushroom, White Jelly Fungus, Silver Ear Mushroom, Chrysanthemum Mushroom, Schneeohrpilz, Tremelle en fuseau, Jamur kuping putih, Lember bodas, Raetngaenz, Tremella fuciformis
Lateinischer Name: Tremella fuciformis
Herkunft: Asien, Australien, Südamerika, Nordamerika
Kurzvorstellung
Vor dem Anbau im heimischen Umfeld sollte zuerst ein Wildtyp des Silberohrs gewonnen werden. Wer die ökologische Ansprüche der Tremella kennt, kann sich eine gute Vorratshaltung sichern. Zunächst wird ein passendes Substrat aus Sägemehl, Kleie und ggf. Getreide wie Hirse oder Millet vorbereitet. Bei der kommerziellen Zucht wird das Substrat sterilisiert. Nach dem Abkühlen wird Myzel von Hypoxylon archeri eingetragen und mehrere Wochen wachsen gelassen, bevor das Silberohr beimpft wird.
Nach dem sekundären Wachstum des parasitischen Organismus werden bei hoher Luftfeuchte und konstanter Temperatur unter die Fruchtkörper Beutel gelegt. Nach mehreren Wochen durchwächst das Silberohr die Beutel und kann geschnitten werden. Nach dem Rehydrieren erreichen die Pilze dieselbe Größe und den gleichen Geschmack wie frisch geerntet. Daher wird ein Großteil der Ernte getrocknet eingelagert.
Silberohr wird in China laut Aufzeichnungen mindestens seit dem 19. Jahrhundert kommerziell gezüchtet. Früher nutzte man Holzstämme mit unterschiedlichen Techniken – hauptsächlich in der Hoffnung auf spontane Besiedlung. Später wurden die Methoden mithilfe von Sporen- und Myzelienübertragung im Holzstamm optimiert.
Heute ist dieses Verfahren Standard: Mischungen von holzbewohnenden Pilzarten mit Sägemehl werden bei optimalen Bedingungen beimpft. Der beliebteste Wirtsorganismus für das Silberohr ist Annulohypoxylon archeri. Die geschätzte Produktion in China lag 1997 bei etwa 130.000 Tonnen. Auch in anderen ostasiatischen Ländern wird Silberohr in großen Mengen kultiviert; außerhalb Asiens weit weniger.
Ausführliche Beschreibung
Silberohr zählt zu den beliebtesten Speisepilzen in China und Japan – sowohl in Küche als auch in der Heilkunde.
Botanische Informationen
Tremella fuciformis ist eine Pilzart mit geleeartigem, weißem, farnähnlich verzweigtem Fruchtkörper (Basidiocarp), der bis zu 7,5 cm groß werden kann. Die Fruchtkörper bestehen aus dünnen, stets aufrecht wachsenden, farnblattartig angeordneten Blättchen mit brüchigen Rändern und einer Konsistenz, die an Meeresalgen erinnert.
Die Hyphen sind mikroskopisch dicht verwoben und bilden eine stabile gelartige Matrix. Haustorien (Saugfäden) entstehen an den Hyphenenden und dringen als Filamente in das Gewebe ihres Wirts ein. Die Basidien sind elipsoid bis ovoid, geleeartig, teils gestielt und von wenigen bis zu einigen Dutzend Mikrometern groß.
Silberohr agiert als parasitische Hefe, die in schleimiger, filmartiger Form existiert, bis sie ihren Pilzwirt findet. Nach der Infektion setzt aggressives Myzelwachstum ein, das zur Ausbildung des Fruchtkörpers führt.
Herkunft und Verbreitung
Silberohr kommt vor allem in den Tropen weit verbreitet auf toten Ästen von Bäumen mit großen Blättern vor, wurde aber auch in tropischen und subtropischen Regionen Asiens und Nordamerikas gefunden. Auch in Süd- und Lateinamerika, der Karibik, Subsahara-Afrika, Teilen Nordamerikas, Süd- und Südostasien, auf Pazifikinseln, in Australien und Neuseeland ist Tremella bekannt. Heute wird der Speisepilz kommerziell angebaut und zählt in Chinas und Japans Küche und Medizin zu den beliebtesten Pilzarten.
Verwendung / Dosierung
Der Name „Schneeohr“ bezieht sich auf die weißliche Farbe und das Aussehen des Fruchtkörpers. Silberohr ist essbar und gilt in China und Japan als Delikatesse mit besonderer Textur: zart und dennoch knackig.
In der chinesischen Küche dient der Pilz traditionell zur Zubereitung süßer Speisen. Seine geleeartige Struktur, der neutrale Geschmack und die Heilwirkung machen ihn vielseitig einsetzbar. Besonders beliebt ist die Suppe „Luk Mei“, meist in Verbindung mit chinesischer Jujube, getrocknetem Longan und weiteren Zutaten. Silberohr findet sich auch in Getränken und Eiscreme-Kreationen asiatischer Länder.
Silberohr kann vielfältig zubereitet werden – z. B. in Olivenöl oder Butter gebraten, stets nach vorheriger Rehydrierung. Es eignet sich als Beigabe zu Eierspeisen, Kräutern oder Suppen. Traditionell wird Silberohr aber meist als Dessert nach dem Einweichen in Zuckerlösung, anschließendem Kochen und Verfeinern mit Sirup, Honig oder süßem Fruchtsud serviert.
Im Jahr 2000 wurde im International Journal of Medicinal Mushroom das starke antikanzerogene Potenzial von Tremella fuciformis publiziert. Besonders heteropolysaccharidische Glukuronoxylomannane aktivieren das Immunsystem zur Bekämpfung entarteter Zellen, stimulieren Endothelzellen (Schutz vor Strahlung), fördern die Hämatopoese und zeigen antidiabetische, entzündungshemmende, cholesterinsenkende, antiallergische und leberschützende Wirkungen. Silberohr ist reich an Kalzium und Vitamin D und trägt so zu Wachstum und Entwicklung bei. Die hohe Ballaststoffkonzentration unterstützt die Darmperistaltik und reduziert Fettaufnahme.
Wissenschaftliche Studien chinesischer Labore (1990er-Jahre) belegten positive Effekte gegen Strahlenbelastung und Zellalterung. Viele Folgeuntersuchungen belegen das immunmodulatorische und antikanzerogene Potenzial der Inhaltsstoffe.
Die schleimbildenden Polysaccharide von Tremella wurden in Tierversuchen und Zellkulturen auf ihre Interaktion mit Schlüsselrezeptoren der Immunzellen untersucht und steigerten die Produktion von Interferon und Interleukin, die wiederum Makrophagen und andere Immunzellen aktivieren.
Auf zellulärer Ebene förderten die Inhaltsstoffe die Produktion von NK-Zellen (natürliche Killerzellen) und Antikörpern. In-vitro-Tests bestätigten die hemmende Wirkung dieser Substanzen auf die Angiogenese (Blutverlust neuer Gefäße) und damit das Absterben von Tumorzellen. Auch ein Selen-Anteil soll das antikanzerogene Potenzial von Silberohr verstärken.
Die Polysaccharide von Tremella gelten als wichtiger Schutzfaktor gegen akute Strahlenfolgen und unterstützen die Blutbildung im Knochenmark. Bei einer Dosierung von 200 mg/kg über 3–5 Tage nach Cobalt-60-Bestrahlung zeigte sich eine signifikante Protektion der Granulozyten; das Überleben der Versuchstiere (Mäuse, später Hunde und Affen) wurde im Durchschnitt um 30 Tage verlängert.
Regelmäßiger Verzehr kann zur Verbesserung von Immunmangelzuständen einschließlich AIDS, zur Linderung von Stress und Alterserscheinungen sowie zur Vorbeugung altersbedingter Gefäßveränderungen beitragen. Die Leberentgiftung kann profitieren.
Polysaccharide steigern die DNA-Synthese in Gefäßzellen und beugen damit Arteriosklerose, Hypertonie, Thrombophlebitis und daraus folgenden Komplikationen vor. Studien berichten eine Verlängerung der Prothrombin-Zeit, verminderte Thrombozytenadhärenz und reduzierte Blutviskosität.
Wässrige Extrakte und alkoholfreie Tinkturen des Silberohrs zeigen in Experimenten Potenzial zur Prävention oder Behandlung neurologischer Schäden. Tierversuche belegen eine verbesserte kognitive Leistungsfähigkeit (Lern- und Gedächtnisvermögen) bei täglicher Einnahme von 100 oder 400 mg/kg über 14 Tage.
Traditionelle ostasiatische Heilkunde
Seit Jahrhunderten wird Silberohr in der traditionellen chinesischen Medizin bei Tuberkulose, Bluthochdruck und Erkältungen eingesetzt. Es wird ihm nachgesagt, die Lunge, den Magen und die Nieren zu befeuchten, Knochen zu stärken, Gewicht zu regulieren und die Haut zu hydratisieren. Besonders bei älteren Menschen wird Silberohr traditionell zur Behandlung chronischer Bronchitis empfohlen.
Chinesische Frauen – darunter die legendäre Schönheit Yang Guifei – nutzten Silberohr traditionell zur Erhaltung einer feuchten, geschmeidigen und elastischen Haut. Die Polysaccharide des Silberohrs wurden zunehmend kosmetischen Produkten beigemischt, um Hautstruktur, Schutz und Feuchtigkeit zu verbessern sowie entzündungshemmende und antiallergische Eigenschaften zu nutzen. Der Pilz fördert die Blutzirkulation in der Haut.
In der traditionellen japanischen Medizin dient Silberohr zur Vorbeugung der Arteriosklerose (Gefäßverkalkung), vermutlich durch Senkung des Cholesterins. Dieses Verständnis wird gegenwärtig durch eine klinische Studie und eine kleinere Humanstudie gestützt.
Kosmetik
Französische und japanische Kosmetikunternehmen testen vermehrt Tremella-Inhaltsstoffe als vielversprechende Wirkstoffe zur topischen Anwendung. Der im Silberohr enthaltene Polysaccharidkomplex bindet Wasser in außergewöhnlich hohem Maße: Die Kapazität entspricht dem 500-Fachen des Eigengewichts – mehr als Hyaluronsäure oder Glycerin. Ein vierwöchiger Anwendungstest ergab im Vergleich zur Kontrolle eine signifikant bessere Feuchtigkeitsversorgung der Haut.
Wirkstoffe
Die genannten heteropolysaccharidischen Glukuronoxylomannane machen den Hauptanteil der Inhaltsstoffe aus (77–84 % Polysaccharide, jeweils 1 % Protein, 3–4 % acetylierte Gruppen, Spuren von Mineralstoffen und Ballaststoffen). Die wässrige Lösung der Polysaccharide ist sauer (pH 5,1–5,6). Die Monomere setzen sich vor allem aus Fruktose, Xylose, Ribose, Arabinose, Mannose, Galaktose, Glukose und Glukuronsäure zusammen. Von den Mineralien sind Eisen, Natrium, Kalium und Kalzium besonders vertreten. Silberohr enthält auch Vitamin D, Selen sowie die Aminosäuren Alanin, Leucin, Valin, Glycin, Serin, Asparaginsäure, Glutaminsäure, Cystein, Isoleucin, Methionin und Threonin in absteigender Konzentration.
Traditionelle Dosierung
Silberohr sollte zunächst gründlich mit kaltem Wasser gespült, dann 10–15 Minuten in Wasser eingeweicht und schließlich gekühlt werden. Nach dem Abtropfen lässt es sich braten, zu Eiern, Suppen oder anderen oben genannten Speisen geben. Die empfohlene Tagesdosis für Erwachsene beträgt 1.000–2.000 mg Silberohr. Tinkturen oder Extrakte werden entsprechend der jeweiligen Konzentration dosiert.