Schöllkraut – Chelidonium majus

Schöllkraut – Chelidonium majus

Gebräuchliche Namen: Schöllkraut, Chelidonium, Schwalbenwurz, Warzenkraut, Warzen-Schöllkraut, Herbe aux Verrues, Chélidoine, Nipplewort, Greater Celandine, Tetterwort, Swallowwort, Bai Qu Cai, Chelidonii, Verruguera, Chelidonium majus

Lateinischer Name: Chelidonium majus

Herkunft: Afrika, Asien, Europa, Nordamerika

Kurzvorstellung

Schöllkraut ist in Deutschland wild heimisch, sodass sein Anbau unkompliziert ist. Die Pflanze gedeiht am besten in nährstoffreichem Boden mit hohem Stickstoffanteil, guter Bewässerung und ausreichend Feuchtigkeit. Schöllkraut bevorzugt halbschattige Standorte entlang von Wegen, Zäunen oder im Garten.

Ausführliche Beschreibung

Heilpflanze für Verdauungsbeschwerden und zur Leberreinigung.

Botanische Informationen

Schöllkraut ist eine mehrjährige Pflanze, die eine Höhe von 30–120 cm erreicht. Die Blätter werden bis zu 30 cm lang, sind eiförmig bis gelappt, am Rand gezähnt, auf der Unterseite locker behaart und wechselständig angeordnet. Der Stängel ist filzig behaart. Die leuchtend gelben Blüten erscheinen von Mai bis September in doldenähnlichen Blütenständen an längeren Stielen. Nach der Blüte reifen kleine schwarze Samen in länglichen, schotenartigen, zylindrischen Kapseln. Verletzte Pflanzenteile oder Blätter sondern einen gelb-orangen Milchsaft (Latex) ab.

Herkunft und Verbreitung

Schöllkraut stammt ursprünglich aus den gemäßigten Zonen Nordafrikas, Europas (besonders Mittelmeerraum) und Teilen Westasiens. Heute ist Schöllkraut auch auf den Kanarischen Inseln, in Algerien, Marokko, Portugal, Spanien, Frankreich, Deutschland, Kroatien, Griechenland, Italien, Nordmazedonien, Bulgarien, Slowakei, Tschechien, Litauen, Lettland, Estland, den Niederlanden, Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, Irland, Großbritannien sowie östlich bis Kaukasus, Armenien, Kasachstan, Georgien, Iran, Türkei, Mongolei und Sibirien verbreitet. In Nordamerika wurde die Pflanze um 1672 durch Siedler eingeführt.

Verwendung / Dosierung

Als entgiftende und reinigende Heilpflanze war Schöllkraut bereits den Ärzten des antiken Roms und Griechenlands, wie Plinius dem Älteren und Dioskurides (um das 1. Jahrhundert n.Chr.), bekannt. Auch zur Linderung von Zahnschmerzen wurde die Pflanze in jener Zeit und im Mittelalter gekaut. Im "Herbarium" von John Gerard (1597) wird der reinigende Effekt des Schöllkrautsaftes beschrieben. Aus Rumänien und dem Balkan stammt die traditionelle Empfehlung, Schöllkraut bei Verstopfung und zur Förderung der Verdauung einzusetzen. Die bekannte englische Kräuterkundige Juliette de Bairacli Levy empfahl Schöllkraut, in Milch aufgekocht oder den Saft für die äußere Behandlung von Warzen. Französische Kräuterärzte wie Maurice Mességué setzten Schöllkraut bei diversen entzündlichen Erkrankungen wie atopischer Dermatitis ein.

Studien belegen, dass Wurzelextrakte von Schöllkraut wirksam gegen die Bakterien Bacillus cereus und Staphylococcus aureus sind. Weitere Forschungen bestätigen die antibakterielle Wirkung seiner Inhaltsstoffe, z.B. Chelerythrin, Sanguinarinderivate, Sanguinarin selbst, das Glykoprotein CML und Lektine. Diese konnten das Wachstum von Streptococcus mutans, methicillinresistentem Staphylococcus aureus (MRSA), multiresistenten Enterokokken und Bakterien aus Zahnbelag hemmen.

Eine antivirale Aktivität wurde für die Alkaloidfraktion gegen HIV-1, Herpes- und Pockenviren nachgewiesen. Auch eine antimykotische Wirkung gegen Candida albicans sowie gegen Fusarium oxysporum und resistente Hefen wurde belegt.

Klinische Studien zeigten: Bei vierwöchiger innerlicher Einnahme von Schöllkraut-haltigen Präparaten (oft in Kombination mit Süßholz, Senf, Kamille, Minze, Engelwurz und Mariendistel) kam es zu einer Besserung von Symptomen wie gastroösophagealem Reflux, Magenschmerzen, Krämpfen, Erbrechen und Übelkeit. Weitere Studien deuten auf Vorteile bei Gallenbeschwerden wie Gallendyskinesien hin: Schöllkraut kann die Schmerzhäufigkeit bei Patienten mit Gallenwegserkrankungen vermindern.

Seine magenschützende Wirkung wurde in Tierversuchen nachgewiesen – Schöllkraut erhöht die Bildung des schützenden Prostaglandin E2 und vermindert entzündungsfördernde Leukotriene. Es konnte die Immunantwort fördern, auch bei Kindern mit chronischer Mandelentzündung.

Gesundheitsbehörden führen Schöllkraut als Heilpflanze zur Förderung der normalen Leberfunktion, insbesondere ihrer entgiftenden und ausleitenden Wirkung. Klinische Studien belegen einen choleretischen Effekt, also die Förderung der Gallenproduktion, durch den alkoholischen Extrakt von Schöllkraut (standardisiert auf 1,5 % Gesamtalkaloide). Weitere Studien berichten eine Linderung von Beschwerden bei Gallenwegserkrankungen.

Tierversuche zeigen, dass Schöllkraut einen schützenden Einfluss auf die Leber hat und die Schädigung durch Gifte wie Tetrachlormethan reduziert, nekrotische Läsionen minimiert, Fibrose vorbeugt und die Aktivität von Leberenzymen sowie Bilirubin verbessert.

Krebshemmende Effekte resultieren vermutlich aus mehreren Mechanismen: Chelidonin kann die Aktivität von Telomerasen verringern, Apoptose auslösen und die Teilung von Tumorzellen blockieren. In Tierstudien wurde eine tumorhemmende Wirkung bei Magenkrebsmodellen nachgewiesen.

Eine kleinere klinische Studie aus der Ukraine dokumentierte einen Überlebensvorteil bei einigen Patienten mit Kolon-, Blasen-, Pankreas- und Brustkrebs nach intravenöser Anwendung spezieller Schöllkraut-Präparate unter ärztlicher Aufsicht. In einer anderen Studie zeigte ein zweiwöchiger schöllkrauthaltiger Wasseraufguss einen krebshemmenden Effekt bei Patienten mit Speiseröhrenkrebs. Größere Dosen gelten jedoch als toxisch, weshalb die Anwendung immer mit Arzt oder Apotheker zu besprechen ist.

Zwei In-vitro-Studien bestätigen zudem eine starke antioxidative Wirkung, hervorgerufen durch die Unterdrückung freier Radikale (DPPH-Test); Tierstudien zeigen antioxidativen Effekt gemessen am Glutathion-Level. Die antioxidativen Eigenschaften werden von Gesundheitsorganisationen der gesamten Pflanze und nicht einzelnen Inhaltsstoffen zugesprochen.

Volksmedizinische Anwendung

In der volkstümlichen Heilkunde werden die oberirdischen Teile und die Wurzel des Schöllkrauts genutzt. Die oberirdischen Pflanzenteile werden während der Blüte gesammelt und bei erhöhten Temperaturen getrocknet, die Wurzel im Spätsommer bis Herbst. Auch frischer Wurzelstock kommt vereinzelt zum Einsatz. Schöllkraut dient zur Herstellung alkoholischer oder wässriger Auszüge. In der Volksmedizin wird es traditionell bei Gallensteinen und Verdauungsstörungen verwendet.

Kräuterkundige empfehlen Schöllkraut-Abkochungen zur Linderung von Reizhusten, bei Schmerzen durch Gallenleiden, zur Warzenbehandlung (äußerlich mit Latex wegen seiner zytostatischen und ätzenden Wirkung), ebenso äußerlich bei Blasen, Juckreiz, Gicht, Entzündungen und Schmerzen. Innerlich findet Schöllkraut bei Arthritis, Krämpfen, Appetitlosigkeit, unregelmäßigen Monatsblutungen und Zahnschmerzen Anwendung.

Wirkstoffe

Schöllkraut enthält in unterschiedlichen Pflanzenteilen Alkaloide vom Isochinolin-Typ, Flavonoide, Derivate von Phenolsäuren und Kaffeesäure (inklusive Kaffeoylderivaten von Apfelsäure). Der wichtigste Alkaloidgehalt in Kraut und Wurzel ist Coptisin. Weitere Inhaltsstoffe sind Dihydrosanguinarinacetat, Allokryptopin, Protopin, Berberin, Sanguinarin, Chelerythrin, Chelidonin, Stylopin und Norchelidonin. Im Milchsaft der Pflanze sind proteolytische Enzyme und das fytocystatische (proteasehemmende) Chelidostatin enthalten.

Traditionelle Dosierung

Für die Anwendung in der Pflanzenheilkunde nach Empfehlung von Kräuterexperten wird meist ein Teelöffel Schöllkraut mit einer Tasse kochendem Wasser übergossen und 5–10 Minuten ziehen gelassen. Manchmal wird auch ein halber Teelöffel geschnittenes Schöllkraut auf 250 ml kochendes Wasser angegeben. Üblicherweise werden 1–3 Tassen täglich für maximal 3 Wochen getrunken. Bei Reizhusten, Asthmaanfällen oder Magenkrämpfen kann 1 Tasse zweimal täglich verwendet werden. Bei gastrointestinalen Beschwerden, einschließlich Bauchschmerzen, Blähungen und Verdauungsstörungen, empfiehlt die Fachliteratur eine Dosierung von 1 ml Extrakt dreimal täglich für 4 Wochen, oft in Kombination mit anderen Heilpflanzen wie Kamille, Pfefferminze, Süßholz, Senf, Engelwurz und anderen.