Rehmannie klebrig – Rehmannia glutinosa

Rehmannie klebrig – Rehmannia glutinosa

Gebräuchliche Namen: Rehmannie, Klebrige Rehmannie, Digitale klebrige, Rehmannia chinensis, Di Huang, Di Huang glutinosa, glutinous rehmannia, Gan Di Huang, Kan-jio, Huaiqing Di Huang, Juku-jio, Hachimijiogan, Goshajinkigan, Rehmanniae, Chinesischer Fingerhut, Rehmannia Root, To-Byun, Sook-Ji-Whang, Chinese RR, Kan-Jio, Juku-Jio, Jio, Sho-Jio, Saeng-Ji-Whang, Gun-Ji-Whang, Remannia, Rheumannia, Chinese Foxglove, Japanese Rehmannia Root, Di Huang Pian, Rehmannia glutinosa (lateinisch)

Lateinischer Name: Rehmannia glutinosa

Herkunft: Asien

Kurzvorstellung

Rehmannie lässt sich in ihrer ursprünglichen Herkunftsregion leicht kultivieren. In gemäßigten Klimazonen wie Deutschland gedeiht Rehmannie gut und kann milde Winter überstehen. Erste erfolgreiche Anbauversuche in Mitteleuropa stammen aus den 1990er Jahren. Die Pflanze passt sich unterschiedlichen Bodenverhältnissen an, sofern Staunässe und eine zu hohe Nährstoffkonzentration vermieden werden. Rehmannie wird durch Aussaat oder Stecklingsvermehrung aus dem fleischigen Wurzelstock vermehrt. Die Ernte der Wurzel ist anspruchsvoll, da sie leicht bricht und tief im Boden liegt. Anschließend wird die Wurzel schonend bei gut belüfteter Umgebung ab etwa 40 °C getrocknet.

Ausführliche Beschreibung

Verlängert das Leben, unterstützt Knochen, Blut, Gefäße und vieles mehr!

Botanische Informationen

Rehmannie klebrig ist eine mehrjährige krautige Pflanze, die eine Höhe von bis zu 30 cm erreicht. Auffällig sind die dichten Härchen an den rot-rosa gefärbten Stängeln. Der Wurzelstock der Pflanze ist etwa 6 cm lang, fleischig und der am häufigsten genutzte Teil in der traditionellen chinesischen Medizin sowie in der Ayurveda. Am meisten Verwendung finden frische (zarte und kleine) oder getrocknete Wurzeln. Die Blätter sind grün, 2–13 cm lang, elliptisch bis oval, auf der Unterseite heller und rötlich, bilden eine grundständige Rosette und besitzen gezackte Ränder. In den Blattachseln erscheinen von April bis Juli gelbe bis purpurfarbene Blüten. Die Frucht ist eine Kapsel, die zahlreiche kleine Samen enthält.

Herkunft und Verbreitung

Ursprünglich stammt Rehmannie aus den chinesischen Provinzen Henan, Shandong, Shanxi, Hebei, Liaoning, Jinan, Hubei, Sichuan sowie aus Zentralasien, insbesondere der Mongolei. Heutzutage wird die Pflanze vor allem in Zentralasien landwirtschaftlich angebaut oder wächst wild in Hügelregionen bis zu 1100 m Höhe und in Küstennähe. In Mitteleuropa ist sie nur bei spezialisierten Gärtnern zu finden und kann milde Winter überstehen.

Verwendung / Dosierung

Rehmannie ist Bestandteil zahlreicher Rezepturen der chinesischen Kräuterheilkunde und der Ayurveda, entweder einzeln oder in Kombination, etwa mit Ginseng, Zimt oder Astragalus membranaceus (bei Rezepturen gegen Atembeschwerden). Die Pflanze ist seit Jahrhunderten fester Bestandteil der traditionellen chinesischen Medizin, erste Erwähnungen stammen aus der Han-Dynastie um 200 v. Chr. In der TCM wird sie zur Verlängerung des Lebens und zur Verbesserung der Lebensqualität durch positive Beeinflussung zahlreicher Körpersysteme genutzt.

Besonders bedeutsam ist der begleitende Einsatz von Rehmannie bei gleichzeitiger Einnahme von Kortikoiden. Sie soll Nebenwirkungen dieser weitverbreiteten Medikamente im Bereich des Bindegewebes und der Knochen abschwächen und gleichzeitig schützende und heilungsfördernde Effekte unterstützen, z. B. bei längerer Gabe von Chemotherapeutika.

Laborexperimente und Ischämie-Modelle zeigten für Rehmannie und drei weitere chinesische Heilpflanzen einen signifikanten neuroprotektiven Effekt. In-vitro konnten entzündungsfördernde Faktoren (wie IL-1beta, IL-6, TNF-alpha) vermindert, die Aktivität der Laktatdehydrogenase gesteigert sowie Signalwege zur Entzündungshemmung beeinflusst werden. Die Inhaltsstoffe von Rehmannie können damit entzündungshemmend wirken und bei der Behandlung von Ischämien unterstützend eingesetzt werden. Ähnliche Ergebnisse zeigten sich an Endothelzellen der Gehirngefäße, etwa für die Wirkstoffe Katalpol und Puerarin (Liu Y., 2017).

In diesen Zusammenhängen ist die mögliche Anwendung der Rehmannie-Inhaltsstoffe bei vaskulären Erkrankungen von großem Interesse; entsprechende Testreihen laufen noch. Deshalb gilt die Wurzel der Rehmannie als traditionelles Mittel zur Unterstützung des normalen Zustands und der Funktion der Gefäßwände. Auch zur Regulierung von Bluthochdruck wird Rehmannie diskutiert.

Tierversuche zeigten, dass der ethanolische Rehmannie-Wurzelextrakt die fibrinolytische Aktivität und die Deformierbarkeit der Erythrozyten verringerte, die Anzahl der roten Blutkörperchen erhöhte und die Bindegewebsmenge in der Brustarterie steigerte (bei chronischer Entzündung). Die Inhaltsstoffe können zudem rheologische Parameter verbessern und beeinflussen die Umwandlung von Fibrinogen zu Fibrin sowie die Aktivität von Plasminogen und Plasmin, womit die antikoagulatorischen Eigenschaften in Tiermodellen bestätigt wurden (bei einem Gehalt der Rehmannie-Inhaltsstoffe von 24%).

In vivo und in vitro zeigte sich ein deutlicher hemmender Effekt auf das Wachstum von Tumorzelllinien der Atemwege durch Beeinflussung des Zellwachstums und der Differenzierung. Mehrere Tierversuche bestätigten diese Wirkung, und für die aus der Rehmannie gewonnenen Polysaccharide wurde ein antitumoraler Effekt über die p53-Genregulation nachgewiesen.

Mehrere klinische Hinweise deuten darauf hin, dass Rehmannie oder ihre Extrakte bei der Behandlung von Osteoporose eingesetzt werden könnten. Die medizinische Anwendung beruht auf der traditionellen Nutzung bei postmenopausaler, seniler und sekundärer Osteoporose sowie als Nierentonikum und zur Leberstärkung. Die Knochenmineraldichte kann durch die Inhaltsstoffe Katalpol, Ajugol und Acetosid günstig beeinflusst werden.

Einige Studien deuten zudem auf eine Verbesserung der Blutwerte und der Symptome einer aplastischen Anämie während einer Monotherapie mit Stanozolol hin. Wässrige Rehmannie-Extrakte zeigten in vivo und in vitro eine Förderung der Proliferation und Differenzierung von Knochenmarkzellen und unterstützten die Erythropoese (rote Blutbildung). Der isolierte Glykosid D konnte Anzahl der Blutzellen (rote und weiße Blutkörperchen) wie auch die Körpermasse bei anämischen Ratten erhöhen. Vielfach wurde ein immunstimulierender Effekt der Rehmannie-Inhaltsstoffe, insbesondere auf Lymphozyten, Makrophagen und andere Immunbestandteile, beschrieben.

Eine klinische Studie mit einem Dekokt aus Rehmannie und Engelwurz zeigte bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung und niedriger Sauerstoffsättigung eine bessere Plasmasauerstoffsättigung im Tages- und Nachtvergleich zur alleinigen Sauerstofftherapie.

Weitere antihyperglykämische Effekte belegt eine Studie von Matsumoto et al. (2016) mit Rehmannia-Wurzelextrakt. Andere Studien untersuchten die Wirkung bei Typ-1- und Typ-2-Diabetes in Tiermodellen und bestätigten eine Senkung von Glukose-, Triglyzerid- und Cholesterinspiegel bei diabetischen Tieren. Die Autoren diskutieren, dass Katalpol und andere Inhaltsstoffe den Blutzuckerspiegel durch gesteigerte Glukoseverwertung und eine erhöhte Sekretion von Beta-Endorphin während des Metabolismus senken können. Gesundheitsbehörden schreiben Rehmannie die Fähigkeit zu, die Glykämie zu stabilisieren und den Blutzuckerspiegel auf normalem Niveau zu halten.

Volksmedizinische Anwendungen

Die am häufigsten verwendete Heildroge ist der Wurzelstock. Nach traditioneller Auffassung wird Rehmannie bei Verstopfung (laxativer Effekt belegt), Anämie, Harnwegserkrankungen, Haarausfall, Unfruchtbarkeit, Alterserscheinungen, Schwindelgefühl, pilzbedingten Infektionen, Zyklusstörungen sowie zur Leberprotektion, zur Stärkung der Knochen und zur Reinigung des Organismus eingesetzt. Auch Ayurveda empfiehlt Rehmannie ähnlich, ergänzt durch ihre Anwendung als Bluttonikum und Diuretikum.

Hinweise

Obwohl Rehmannie als sehr sicher und gut verträglich gilt, sollte die Einnahme (bzw. Weitergabe an Kinder, Schwangere, Diabetiker und Transplantatempfänger) nur nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen.

Wirkstoffe

Die Wurzel von Rehmannia glutinosa enthält rund 70 biologisch aktive Substanzen, bislang sind insgesamt über 140 isoliert worden. Zu den wichtigsten gehören die Glykoside Katalpol und die Gruppe der Rehmannioside. Weiterhin sind Pflanzensterole wie Beta-Sitosterol, Campesterol, Stigmasterol und Arginin, Polysaccharide (z. B. Stachyose), Oligosaccharide (Mannit, Saccharose, Raffinose, Verbascose), Iridoide (Katalpol, Dihydrokatalpol, Danmelitosid, Acetylkatalpol, Leonurid, Aucubin, Rehmaglutin, Rehmannioside, Rehmaionoside, Rehmapikroside, Echinacoside, Jionoside, Geniposide, Ajugosid, Ajugol), phenolische Glycoside (Ionon, Acteosid, Isoacteosid, Forsythiasid), Flavonoide, etwa 20 verschiedene Aminosäuren (vor allem Arginin), anorganische Inhaltsstoffe, organische Säuren (Benzoesäure, Caprylsäure, Palmitinsäure und andere) und Mineralstoffe wie Eisen, Zink, Chrom, Mangan.

Traditionelle Dosierung

Für einen Extrakt werden 5–10 g frische oder getrocknete Wurzel in 500 ml Wasser ca. 10 Minuten abgekocht. Der Sud wird zweimal täglich am besten nüchtern getrunken. Für eine Tinktur legt man 50–70 g Rehmannia-Wurzel in 1 l 40%igen Alkohol für 2–3 Monate ein, filtert dann ab und nimmt 1 Esslöffel ein- bis zweimal täglich auf nüchternen Magen. In präklinischen Studien wurden Extrakte je nach Indikation mit 0,15 bis 0,5 mg/kg Körpergewicht oral oder in anderen Dosen intraperitoneal getestet – für Menschen sind diese Werte jedoch nicht übertragbar.