Paranuss – Bertholletia excelsa

Gebräuchliche Namen: Paranuss, Paranüsse, Brasilianische Nuss, Juvie, Juvia, Bertholletia excelsa, Brazil Nut, Castanha-do-Pará, Chestnut of Brazil, Para Nut, Castaña de Brasil, Amazonasnuss
Lateinischer Name: Bertholletia excelsa
Herkunft: Asien, Südamerika
Kurzvorstellung
Die Paranuss wird nur selten gezielt angebaut; der Großteil der weltweiten Ernte stammt von wildwachsenden Bäumen aus unberührten Wäldern. In gestörten Habitaten fehlt es oft an den großen Bienen (Gattungen Bombus, Centris, Epicharis, Eulaema und Xylocopa), die als einzige die Paranussbäume in der Blütezeit bestäuben können. In Brasilien, Malaysia und Sri Lanka gibt es künstlich angelegte Plantagen, deren Ertrag jedoch sehr gering ist, weshalb sich ein wirtschaftlicher Anbau kaum lohnt. Die reifen Kapselfrüchte fallen vom Baum und die Samen werden von Hand gesammelt. Nicht eingesammelte oder von Tieren (z.B. Nagern) gefressene Samen keimen häufig aus und tragen so zur natürlichen Regeneration und Ausbreitung des Bestandes bei.
Die Frucht benötigt rund 14 Monate zur Reife nach der Bestäubung. Die große Kapselfrucht misst 10–15 cm im Durchmesser, ähnelt im Aussehen und Gewicht (ca. 2 kg) der Kokosnuss und besitzt eine 8–14 mm dicke, holzige Schale. In der Regel enthält sie rund 24 dreieckige Kerne à 4-5 cm Länge. An der Basis befindet sich ein kleines Loch, durch das größere Nagetiere wie das Aguti die Schale öffnen können.
Einige Samen werden von Nagetieren an schattigen Orten deponiert und können unter ausreichender Feuchtigkeit nach 2–3 Wochen (in Einzelfällen nach bis zu 2 Jahren) keimen. Bis zur Sonnenexposition und kräftigem Wachstum vergehen weitere Jahre. Erstmals größere Erträge liefern die Bäume im Alter von etwa 14–20 Jahren. Jährlich werden circa 20.000 Tonnen Paranüsse geerntet, wobei rund 50 % aus Bolivien, 40 % aus Brasilien und der Rest aus Peru stammen. Die Bäume werden auch als Holz- und Heilpflanzen genutzt, doch aufgrund des langsamen Wachstums und der langen Wartezeit bis zur ersten Ernte gelten sie als ökonomisch schwierig nutzbar.
Die Paranuss ist ein faszinierendes Beispiel für das komplexe Ökosystem des Amazonas. Für eine erfolgreiche Vermehrung sind Bestäuber, Bäume und spezielle Nagetiere untrennbar miteinander verbunden: Bestäubung gelingt nur durch bestimmte Wildbienen, und einzig das Aguti—ein etwa 5 kg schweres Nagetier mit besonders scharfen Schneidezähnen—ist in der Lage, die extrem harte Schale zu knacken und die Samen freizulegen. So sichern verschiedene tierische und pflanzliche Akteure gemeinsam das Überleben ihrer Lebensgemeinschaft.
Ausführliche Beschreibung
Nüsse mit traditioneller Anwendung im Amazonasgebiet.
Botanische Informationen
Die Juvie, auch Paranussbaum genannt, ist ein majestätischer immergrüner Baum, der 25–55 Meter hoch werden kann und eine beeindruckend große, kugelförmige Krone ausbildet. Damit zählt er zu den größten Baumarten im Amazonasregenwald. Der gerade Stamm erreicht einen Durchmesser von 1–2 Metern und ist meist bis etwa zur Hälfte seiner Höhe frei von Ästen. Die borke ist grau und glatt. Viele Exemplare werden deutlich über 500 Jahre alt, einige Quellen berichten sogar von einem Lebensalter von bis zu 1000 Jahren.
Die Blätter sind einfach, wechselständig, ledrig, ganzrandig und messen 15–40 cm in der Länge sowie 5–20 cm in der Breite. Die kleinen Blüten sind grünlich-weiß bis gelblich, verströmen einen eher unangenehmen Duft und stehen in endständigen Trauben zusammen. Die Frucht ist eine 10–20 cm große, kugelförmige Kapselfrucht mit dickem, holzigem Endokarp und einem Deckel an der Basis. Im Inneren befinden sich an einer zentralen Achse 12–22 längliche, dreikantige Samen (Nüsse) von 4–5 cm Länge, mit harter, grauer, runzliger Schale und einem weißen, ölhaltigen, schmackhaften Kern.
Herkunft und Verbreitung
Der Ursprung der Juvie liegt im heutigen Guyana, Venezuela, Brasilien, im Osten Kolumbiens, im Osten Perus und Boliviens. Sie wachsen vereinzelt entlang großer Flüsse wie Amazonas, Rio Negro, Tapajós und Orinoco. Ihr natürliches Verbreitungsgebiet erstreckt sich im Amazonasbecken Südamerikas von Kolumbien und Guyana über Bolivien, Venezuela und Ecuador bis nach Peru.
Der Baum gedeiht auf nicht überschwemmten, aber feuchten Niederungsböden in Höhenlagen von 100 bis 200 Metern. Meist wachsen die Bäume in Gruppen von 50 oder mehr Exemplaren (auch als "Bestände" bezeichnet). Die größten Vorkommen Brasiliens befinden sich in Acre, Amazonas, Maranhão, Pará, Mato Grosso, Rondônia und Amapá. Sie wachsen zudem in Suriname und in Südostasien, wo sie experimentell eingeführt wurden.
In Brasilien ist das Fällen der Juvie gesetzlich verboten. Daher findet man sie heute häufig außerhalb landwirtschaftlich genutzter Flächen, z.B. in Gärten, Feldern, an Straßen und auf Plätzen. Die schweren Früchte stellen bei Reife eine Gefahr für Passanten und Radfahrer dar, weshalb jährlich Unfälle durch herunterfallende Nüsse dokumentiert werden. Die Paranuss schwimmt nicht im Wasser, sondern sinkt, was in urbanen Gebieten zu Problemen führt, wenn sie Abflüsse verstopft.
Verwendung / Dosierung
Hochwertiges Paranussöl pflegt die Haut dank seines Vitamingehalts und ist besonders im kosmetischen Bereich sehr gefragt. In Südamerika erfreut sich der Extrakt großer Beliebtheit in Kosmetikprodukten wie Shampoos, Spülungen und Reparaturmitteln – und gewinnt zunehmend auch in den USA an Popularität.
Produkte mit Paranussöl verleihen Glanz und Festigkeit, kräftigen die Haarwurzeln, sorgen für eine bessere Haltbarkeit und ein geschmeidigeres Haargefühl. Cremes mit Paranussöl sowie der regelmäßige Verzehr der Nüsse tragen zur intensiven Pflege und Feuchtigkeitsversorgung der Haut bei. Die Haut bleibt frisch, geschmeidig und glatt. Durch Pressung gewonnenes Öl findet auch in der Lebensmittelverarbeitung sowie als Rohstoff für technische Zwecke (in Europa vor allem für Seifen) Verwendung. Aufgrund des hohen Ölgehalts können sehr frische Paranüsse wie kleine Kerzen brennen, wenn sie angezündet werden. Das von den Einheimischen gewonnene Öl wird traditionell in der Küche, als Lampenöl und zur Seifenherstellung genutzt.
Die leeren Kapselfrüchte (umgangssprachlich "Affenbecher") werden gelegentlich als Trinkgefäße, zum Sammeln von Latex, zum Auffangen von Rauch zur Insektenabwehr oder in der traditionellen brasilianischen Medizin als Schale für wässrige Auszüge zur Linderung von Bauchschmerzen verwendet. Das Holz ist mittel- bis sehr hart und doppelt so fest wie Eichenholz.
In Südamerika gelten Paranüsse als beliebte Delikatesse und wichtige Nahrungsquelle. Die indigenen Völker bezeichnen sie als Ñá, im Orinoko-Gebiet als Juvia oder Tuka. In Europa sind sie als Paranüsse bekannt (nach dem Hauptausfuhrhafen Belém do Pará), auch Namen wie Brasilnuss, Brazil Nut oder Kastanie von Brasilien sind gebräuchlich.
Die Nüsse werden roh als Snack oder Nahrungsergänzung (z.B. anstelle von Mandeln) verzehrt, finden sich frisch oder zerkleinert in Müsliriegeln und Gebäck. Eingeweicht nutzt man sie in der Tierfütterung. Frisch sind sie süß und schneeweiß bis cremefarben, ungeschält und gekühlt mehrere Jahre haltbar. Nach dem Schälen oxidieren sie aufgrund des hohen Fettanteils schnell und werden ranzig (gelbe, bittere Nüsse deuten darauf hin).
Auch als Heilpflanze finden Paranüsse Verwendung. Die indigene Bevölkerung des Amazonas verwendet sie seit Generationen zum Neutralisieren freier Radikale, als äußerst nahrhafte Frucht und zur Beruhigung. Über Jahrhunderte waren Paranüsse ein unverzichtbarer Teil des Speiseplans. Sogar als Tauschmittel dienten die Nüsse. Amazonische Stämme essen sie gemahlen in Porridge. Traditionell werden Paranüsse im Amazonasgebiet zur Linderung von Bauchschmerzen und Verdauungsbeschwerden empfohlen. Regelmäßiger Genuss kann Lebererkrankungen vorbeugen und äußerlich verwendet helfen sie, lästige Insekten abzuwehren.
Dank ihres hohen Selen-Gehalts wird die Wirkung gegen das unkontrollierte Wachstum der Prostata intensiv beforscht. Erste Laborstudien konnten eine antikanzerogene Wirkung des Selens nachweisen. Zugleich steigert ein hoher Methioningehalt in der Nahrung die Selenaufnahme. Volksheilkundlich wird Paranuss präventiv gegen Krebs empfohlen. Die antioxidative Wirkung von Selen ist wissenschaftlich bestätigt.
Menschen mit Nussallergien sollten wegen möglicher Risiken auf Paranüsse verzichten beziehungsweise vorsichtig sein.
Wirkstoffe
Das Innere der Paranüsse ist sehr nahrhaft und enthält etwa 70 % Fett, 15 % Eiweiß und rund 7 % Kohlenhydrate. Hinzu kommen die Vitamine A, B1, B2, B3, E und D sowie die Mineralstoffe Selen, Phosphor, Magnesium, Eisen, Kalzium und Kalium. Die Fettsäurezusammensetzung wird von Palmitin-, Ölsäure-, Linol- und Alpha-Linolensäure dominiert, weitere Bestandteile sind Myristin-, Stearinsäure und Phytosterole.
Paranüsse sind die reichste natürliche Selenquelle überhaupt. Ihr Protein enthält die Aminosäuren Cystein (8 %) und Methionin (18 %), zudem Glutamin, Glutaminsäure und Arginin. In Spuren sind außerdem die Elemente Antimon, Cäsium, Lanthan, Scandium und Ytterbium nachweisbar.
Dosierung
Je nach Geschmack und individuellem Bedarf.