Medizinische Kohle – Carbo medicinalis

Gebräuchliche Namen: Medizinische Kohle, Tierkohle, Aktivkohle, medizinische Aktivkohle, Activated Charcoal, Animal Charcoal, Carbon, Carbo Vegetabilis, Carbo medicinalis, Carbon Activado, Charbon Médicinal, Noir de Gaz, Noir de Lampe, Vegetable Charcoal
Lateinischer Name: Carbo medicinalis
Herkunft: Afrika, Asien, Australien, Europa, Südamerika, Nordamerika
Kurzvorstellung
Medizinische Kohle ist ein vielseitiges, wirksames Mittel vor allem bei Magen-Darm-Beschwerden und akuten Vergiftungen, bewährt sich aber auch in der Industrie sowie als geschätztes Schwarzpigment in der Kunst.
Ausführliche Beschreibung
Medizinische Kohle ist vielen von uns bekannt – sei es aus dem Urlaub oder aus der Kindheit.
Botanische Informationen
Aktivkohle besitzt eine hochporöse Struktur mit einer erheblichen inneren Oberfläche (400–1500 m² pro Gramm) und starker Adsorptionsfähigkeit. Medizinische Kohle aus tierischer Herkunft wird durch Pyrolyse von Tierknochen bei hohen Temperaturen ohne Sauerstoff hergestellt und weist ebenfalls starke Absorptionseigenschaften auf.
Die molekulare Struktur von medizinischer Kohle lässt sich unter dem Mikroskop oder mit bildgebenden Verfahren je nach Ausgangsmaterial leicht unterscheiden. Die Struktur ähnelt graphitartigen Plättchen, die aus mehreren Atomen bestehen. Die Poren werden in Mikroporen (Radius < 1 nm), Mesoporen (Radius 1–25 nm) und Makroporen (Radius > 25 nm) unterteilt.
Herkunft und Verbreitung
Aktivkohlen pflanzlichen und tierischen Ursprungs kommen oft für den gleichen Zweck zum Einsatz und zeigen ähnliche physikalische Eigenschaften, unterscheiden sich aber in Herkunft und Produktionsweise. Aktivkohle wird aus Kohle, Holz oder Kokosnussschalen gewonnen. Die detaillierte Herstellung findet sich unter „Botanische Informationen“.
Verwendung / Dosierung
Im industriellen Bereich wird medizinische (sowie Aktiv-) Kohle für die Trinkwasseraufbereitung, zum Auffangen flüchtiger Stoffe in Lackierereien sowie zur Filterung schädlicher Gase in Müllverbrennungsanlagen eingesetzt; außerdem bei der Entfärbung von Materialien, der Raffinierung von Zucker, bei der Herstellung alkoholfreier Biere, in der Biogasproduktion, zum Schutz oder bei der Herstellung von Erdgas. Aktivkohle findet man auch in Dunstabzugshauben und in Treibstofftanks von Autos.
Tierische Kohle gibt es auch als Schwarzpigment in der Kunst: Sie wird zum Malen, Zeichnen, in der Kalligrafie und für viele weitere künstlerische Anwendungen verwendet – nicht nur wegen ihrer tiefschwarzen Farbe, sondern auch für besondere Tonabstufungen. Künstler wie Rembrandt sowie modernere Kollegen wie Manet und Picasso haben mit Kohle gearbeitet.
Medizin
In der Medizin kommt medizinische Kohle vor allem bei der Behandlung von Durchfallerkrankungen, insbesondere bei ernährungsbedingtem (alimentärem) Durchfall sowie beim Reizdarmsyndrom zum Einsatz. Liegt keine bakterielle Ursache vor, kann medizinische Kohle angewendet werden.
Auch bei akuten Vergiftungen kommt medizinische Kohle zum Einsatz, um Fremdstoffe direkt im Verdauungstrakt zu binden und so deren Aufnahme in den Organismus möglichst zu verhindern. In einzelnen Fällen werden andere Chelatbildner oder Abführmittel ergänzt.
Einschränkungen
Bisher sind keine signifikanten Nebenwirkungen medizinischer Kohle bekannt oder beschrieben worden. Allerdings kann sie die Aufnahme vieler gleichzeitig eingenommener Medikamente beeinträchtigen – mögliche Arzneimittelinteraktionen sollten deshalb unbedingt mit dem behandelnden Arzt oder Apotheker besprochen werden (meist empfiehlt sich ein Zeitabstand von mindestens zwei Stunden zu anderen Medikamenten).
Auch in der Kunst wird medizinische Kohle als Schwarzpigment, für Malerei, Zeichnungen, Kalligrafie und viele weitere künstlerische Anwendungen geschätzt – wegen ihrer einzigartigen Pigmentierung und besonderen Nuancierungen. Sowohl alte Meister wie Rembrandt als auch moderne Künstler wie Manet oder Picasso bedienten sich dieses Materials.
Wirksame Bestandteile
Wie der Name bereits verrät, besteht medizinische Kohle aus einem einzigen Stoff: Kohlenstoff.
Traditionelle Dosierung
Abhängig von der Indikation und Menge werden bei Durchfall Kindern 1–2 Tabletten ein- bis dreimal täglich, Erwachsenen 1–2 Tabletten drei- bis viermal täglich verabreicht (maximal 8 Tabletten pro Tag). Eine hohe Dosierung ist erforderlich, um den gesamten Darminhalt möglichst umfassend zu binden und so eine optimale Wirkung zu erzielen.
Bei Haustieren kann die Dosierung wie bei Kindern erfolgen – je nach Körpergröße des Tiers. Das Präparat ist auch für Schwangere und Stillende geeignet. Die Kohle kann pur, in beliebiger Flüssigkeit aufgelöst oder nach Bedarf zerkleinert eingenommen werden.