Kalmus – Acorus calamus

Kalmus – Acorus calamus

Gebräuchliche Namen: Kalmus, Deutscher Kalmus, Süßflagge, Gewöhnliche Kalmuswurzel, Schwertblatt, Tatarisches Kraut, Acorus calamus, Kalmuswurzel, Rhizoma calami, Indische Kalmuswurzel, Tatarenkraut, Kalmusgras, Indisches Süßkraut, Svatá třtina (Tschechischer Ursprung), Sweet flag (englisch), Rat root (englisch/indigene nordamerikanische Bezeichnung)

Lateinischer Name: Acorus calamus

Herkunft: Asien, Europa, Südamerika, Nordamerika

Kurzvorstellung

Kalmus lässt sich unkompliziert kultivieren, jedoch wird er immer seltener und verschwindet zunehmend aus der freien Natur. Dennoch gedeiht er auch an kleinen künstlichen Teichen sehr gut. Für das erfolgreiche Anpflanzen genügt ein Stück vom Rhizom und eine Blattknospe. Kalmus kann im Freiland oder in Gefäßen mit Erde in Sümpfen, Glasgefäßen, Aquarien oder direkt im Teich kultiviert werden.

Die Wurzelstöcke werden im November oder zeitigen Frühjahr ohne Blätter oder Wurzelreste geerntet (Rhizoma calami). Sie müssen gründlich gewaschen, in 20–35 cm lange Stücke geschnitten, längs geteilt und ungeschält bei 40 °C getrocknet werden. Getrocknet entfaltet die Wurzel ein intensives Aroma, schmeckt bitter-würzig, ist leicht zerbrechlich und besitzt eine rotbraune Farbe mit grauem Schimmer. Die Qualität bleibt etwa anderthalb Jahre stabil. Die beste Droge stammt von zwei- bis dreijährigen Pflanzen.

Ausführliche Beschreibung

Kalmus ist ein traditionelles Heilkraut zur Steigerung des Appetits, zur Verbesserung der Verdauung und findet möglicherweise auch Anwendung bei Rheuma.

Botanische Informationen

Kalmus ist eine ausdauernde, stark aromatische Pflanze, die bis zu 1,5 Meter hoch wächst. Der Stängel ist dreikantig und an der Basis oft rötlich gefärbt. Die Sprossachse wächst locker aus einem fleischigen, verzweigten, kriechenden, gelbgrünen Rhizom, das bis zu 3 cm dick und etwa 50 cm lang werden kann. Beim Anschnitt ist das Rhizom weiß und von schwammiger Konsistenz.

Die Blätter von Kalmus sind schmal, fest, grasartig und schwertförmig, bis zu 2 cm breit mit gewellten Rändern. Die Blüten sind gelbgrün oder grün, sehr klein und stehen in schlanken Kolben. Die Blütezeit reicht von Juni bis Juli. Die Frucht ist eine rote Beere, die jedoch in gemäßigten Klimazonen wie Deutschland in der Regel nicht ausreift, daher erfolgt die Vermehrung ausschließlich vegetativ.

Herkunft und Verbreitung

Ursprünglich stammt Kalmus wahrscheinlich aus Ostindien und China. Als Ursprungsgebiet wird häufig Südchina genannt, von wo aus er sich über Indien weiter ausbreitete. Aktuell ist Kalmus nahezu in ganz Europa, Asien und Nordamerika verbreitet. In Deutschland ist Kalmus kein ursprüngliches Gewächs; die Pflanze wurde vermutlich im 16. Jahrhundert eingeführt, während sie durch die Tataren nach Europa bereits viel früher gelangte.

Hierzulande kommt Kalmus verstreut im gesamten Gebiet als Bestandteil von Biotopen feuchter Teiche, Altarme, Sümpfe und stehender Gewässer vor. Durch menschliche Eingriffe in diese Lebensräume wird Kalmus immer seltener und gilt als bedrohte Pflanze mit stark abnehmenden Populationen.

Anwendung / Dosierung

Einer der ältesten Hinweise auf Kalmus stammt aus einem ägyptischen Papyrus um 1300 v. Chr., wo seine therapeutische Wirkung in Kombination mit anderen Kräutern zur Linderung von Bauchschmerzen und zur Herstellung ägyptischer Parfums beschrieben wird.

Im Mittelalter verwechselten Europäer die therapeutische Nutzung von Kalmus mit der der Schwertlilie, die im antiken Rom und Griechenland Verwendung fand. Das Mainzer Kräuterbuch von 1485 beschreibt eine Iris-Art unter dem Namen Acorus, welches später auch als Vorlage für den französischen „Grand Herbier“ von P. Treveris (1526) diente. Ende des 16. Jahrhunderts gelangte Kalmus nach England, wo John Gerard ihn 1596 kultivierte, detailliert beschrieb und als Acorus verus benannte – im Englischen jedoch als „false“ Acorus.

Medizinisch und volksheilkundlich wird der getrocknete Wurzelstock (Rhizoma calami aromatici) eingesetzt. In der Volksmedizin dient er als Stomachikum zur Anregung der Magensaftsekretion und Förderung der Verdauung, zur Linderung krampfartiger Spasmen der glatten Muskulatur des Verdauungstraktes und zur Unterstützung des Stoffwechsels schwer verdaulicher Substanzen. Früher war Kalmus eine wichtige Zutat in magenschützenden Arzneien.

Er ist Bestandteil von Magenbitter, Schwedenbitter und wurde traditionell zur Herstellung von Magenlikören verwendet. In der indischen und islamischen Küche verfeinert Kalumpulver Süßspeisen; in den USA wird die Wurzel kandiert oder junge Triebe als Salat zur Appetitanregung gegessen. Verschiedene Behörden bescheinigen Kalmus eine positive Wirkung auf die Verdauung und harmonisierende Effekte bei Dysbalancen.

Kalmusaufguss wird in der Volksheilkunde empfohlen zur Beruhigung leichter Angstzustände, als mildes Antidepressivum, Anti-Asthmaticum, zur Förderung der Harnbildung und Stimmungsaufhellung, etwa für ältere, postoperative oder kranke Menschen. Einige Quellen loben eine starke Wirkung bei Allergien, äußerlich als Bad gegen Rheuma, Ekzeme, schlecht heilende Wunden oder zur Stärkung von Körper und Geist. Bewiesen ist, dass Kalmusrhizome zur Erfrischung des Körpers beitragen.

In der ayurvedischen und chinesischen Medizin blickt Kalmus auf eine lange Tradition zurück: als mildes Sedativum, in höherer Dosis als Laxativum und in Kombination mit anderen Kräutern als Diuretikum. Ayurveda empfiehlt Kalmus als Karminativum, zur Verdauungsförderung und als Heilmittel zur Linderung unerwünschter Nebenwirkungen von Halluzinogenen und anderen bewusstseinsverändernden Stoffen.

Tatsächlich enthält die Kalmuswurzel geringe Mengen an alpha- und beta-Asaron – Stoffe, die leichte visuelle Halluzinationen auslösen können. Neurologische Studien zeigten, dass Inhaltsstoffe von Kalmus (Konzentration jedoch unbekannt) einen neuroprotektiven Effekt bei Experimenten mit Schlaganfall und neurodegenerativen Prozessen bei Ratten haben können.

Ferner weisen Rhizom und Blätter von Kalmus einen antioxidativen, milden antibiotischen und antiseptischen Effekt auf; die wirksame Konzentration erwies sich auch als gegen Zecken nützlich. Eine weitere Studie belegt, dass ß-Asaron vermutlich als Inhibitor von Enzymen der Adipogenese wirkt und somit zur Reduktion der Fetteinlagerung im Fettgewebe sowie zur Senkung des Plasmalipidspiegels beitragen kann.

Wirkstoffe

Das traditionell verwendete Rhizom enthält 2–7% ätherisches Öl, vorrangig aus Mono- und Sesquiterpenen wie alpha-Terpineol, alpha-Selinen, Linalool, beta-Gurjunen, Camphen. Weitere Inhaltsstoffe sind beta-Asaron, Schleimstoffe, Zucker, Gerbstoffe, Bitterstoffe, Korneol, Cholin, Glykoside, Harze, Vitamin C und Acorenon.

Traditionelle Dosierung

Kalmus wird innerlich als Tinktur, Pulver, Aufguss, Absud, Likör oder kandiertes Rhizom eingenommen. Für einen Aufguss verwendet man 2 Esslöffel getrocknete Kalmuswurzel auf 250 ml Wasser; nach 15 Minuten Ziehzeit trinkt man optimalerweise 2× täglich eine Tasse davon. Bei Appetitlosigkeit werden 15–30 Tropfen Tinktur eingenommen, bei Blähungen kann die Dosis verdoppelt werden (auch mit Zucker verabreichbar). Ein Absud wird durch 8-minütiges Kochen von 10 g getrockneter Wurzel in 500 ml Wasser zubereitet. Längere zusammenhängende Anwendung sollte 6 Wochen nicht überschreiten, danach empfiehlt sich eine gleich lange Pause.

Für die äußere Anwendung wird Kalmus als Bad, Salbe, Umschlag oder Gurgellösung verwendet. Ein Bad bereitet man aus einem Absud von 600 g getrockneter Kalmuswurzel mit 4–5 Litern Wasser, 15 Minuten gekocht, dann dem Bad zugesetzt und ggf. mit Wasser verdünnt.