Hirtentäschel – Capsella burs-pastoris

Gebräuchliche Namen: Hirtentäschel, Gemeines Hirtentäschel, Taschenkraut, Beutelkraut, Hirtentasche, Shepherd’s Purse, Kapsička pastierska, Capsella, Caseweed, Cocowort, Tabouret, Thlaspi, Witches' Pouches, Boursette, Bolsa de Pastor, Erva-Do-Bom, Mother’s Heart, Lady’s Purse, Naengi, Course, Peper-and-salt, Sanguinary, Molette de Berger, Peeper-and-salt, Caseweed, Capsele, Blinde weed, Shovelweed, Poor man’s parmacettie, St. James Weed, Capsella burs-pastoris
Lateinischer Name: Capsella bursa-pastoris
Herkunft: Afrika, Asien, Europa, Südamerika, Nordamerika
Kurzvorstellung
Hirtentäschel ist eine genügsame Wildpflanze und wächst häufig auf Feldern, in Gärten, auf Brachflächen, Spielplätzen, Siedlungen, an Wegrändern, in Häfen und auf Dorfplätzen. Sie kommt unabhängig von der Höhenlage sowohl in Niederungen als auch im Gebirge vor – in höher gelegenen Regionen jedoch eher vereinzelt. Hirtentäschel stellt kaum Ansprüche an Bodenart oder Standort. Sie wächst auf lehmigen, lockeren, sandigen, humosen und kiesigen Böden, die brachliegen oder stark beansprucht werden. Die Aussaat erfolgt unkompliziert über Samen, die sogar mehrmals im Jahr keimen können, da die Pflanze fast zu jeder Zeit im Vegetationszeitraum blüht. Das blühende Kraut kann im gesamten Wachstumszeitraum als Heilpflanze gesammelt werden.
Ausführliche Beschreibung
Hirtentäschel wurde bereits zu Zeiten von Hippokrates bei Blutungen verabreicht.
Botanische Informationen
Hirtentäschel (Capsella burs-pastoris) ist ein unscheinbares, einjähriges bis selten ausdauerndes Wildkraut, das bis zu 50 cm hoch wachsen kann. Der Stängel ist häufig verzweigt. Die grundständige Blattrosette besteht aus fiederspaltigen, gelegentlich auch buchtigen oder gefiederten Blättern, während die oberen, sitzenden Blätter ungeteilt, lanzettlich und behaart sind. Die kleinen, weißen Blüten (Durchmesser 2,5–5,0 mm) ohne auffällige Krone bilden endständige Trauben und erscheinen vom Februar bis Oktober. In milderen Wintern kann die Pflanze sogar ununterbrochen blühen. Die typischen, herz- oder dreiecksförmigen, ungeflügelten Schötchen enthalten zahlreiche längliche Samen.
Herkunft und Verbreitung
Hirtentäschel ist heute in den gemäßigten Zonen weltweit verbreitet. Im Tiefland kommt es sehr häufig vor und wird vielerorts als Unkraut betrachtet, während es im Hochland seltener zu finden ist. Ursprünglich stammt die Pflanze vermutlich aus dem Mittelmeerraum oder Kleinasien, wobei eine europäische Herkunft nicht ausgeschlossen ist. Ihre Robustheit und Anpassungsfähigkeit haben zu einer globalen Ausbreitung in Europa, Asien, Afrika und durch Siedler auch nach Amerika beigetragen.
Verwendung / Dosierung
Hirtentäschel ist eine vielseitige Heilpflanze, die jedoch häufig als Unkraut unterschätzt wird. Das oberirdische Kraut wird aus Wildbeständen oder Kultur gesammelt und dient als Lebensmittel, Nahrungsergänzung, in der Kosmetik oder zu medizinischen Zwecken. Besonders beliebt ist es als Würzkraut in China (vor allem in Shanghai und Umgebung, traditionell geröstet in Reisküchlein oder als Füllung für Dumplings und Wontons), als traditionelle Komponente im japanischen Frühlingsfest Nanakusa-no-sekku sowie in Korea („Naengi“), wo die Wurzeln dem Nationalgericht Namul beigegeben werden.
Bestimmte Inhaltsstoffe von Hirtentäschel-Kraut zeigen nachweislich eine blutstillende (koagulierende) Wirkung, fördern die Darmmotilität und regen die Durchblutung an. Innerlich angewandt kann Hirtentäschel leicht blutdrucksenkend wirken, neurodegenerative Beschwerden während der Pubertät lindern und typische Beschwerden in den Wechseljahren verbessern. Äußerlich unterstützt sie die Blutstillung (z. B. bei Nasenbluten, Gebärmutterblutungen, starkem Menstruationsfluss und Erkrankungen der Urogenitalorgane), fördert die Wundheilung, hilft bei Prellungen, Schwellungen, Sehnenentzündungen und Hautausschlägen. Nationale Gesundheitsbehörden bescheinigen dem Hirtentäschel eine nachgewiesene Wirkung zur Blutstillung und bestätigen einen Beitrag zu größerem Menstruationskomfort und zur Verbesserung der kardiovaskulären Parameter.
Die pharmakologischen Effekte sind durch mehrere präklinische Studien belegt: antithrombotische Wirkung, Förderung der Wundheilung und bemerkenswerte antioxidative Aktivität (DPPH-Test, Superoxid-, Nitrit-, Peroxynitrit-, LDL- und einfach ungesättigte freie Radikale, Hemmung oxidativer Enzyme wie Superoxiddismutase, Katalase und Peroxidase).
Weitere Laborstudien zeigen antikanzerogene Effekte (Hemmung von Wachstum und Verbreitung von Tumorzellen) sowie einen möglichen präventiven Nutzen gegen koronare und kardiovaskuläre Erkrankungen aufgrund enthaltener Omega-6-Fettsäuren (z. B. Linolsäure, gemäß WHO). Zusätzlich hemmen enthaltende Phytosterole die Wiederaufnahme von Cholesterin aus der Galle.
In-vitro-Untersuchungen belegen eine antibakterielle Wirkung gegen das Wachstum grampositiver Bakterien und raten die Anwendung von Aufgüssen besonders bei immungeschwächten Patienten zur Vorbeugung von Infektionen der Harnwege oder Endokarditis an. Auch Peptide mit antibakteriellem und antimykotischem Effekt sowie Flavonoid-O-Glykoside mit antioxidativem Potenzial wurden isoliert.
Volksmedizin
In der österreichischen Volksheilkunde wird Hirtentäschel als Tee oder Tinktur innerlich bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Kopfschmerzen, Durchfall, zur Blutstillung und bei gynäkologischen Beschwerden verwendet, äußerlich als Salbe bei Hautproblemen. Umschläge oder Spülungen sind beliebt bei Krampfadern oder Hämorrhoiden. Auch bei komplizierten Blutungen während der Geburt, bei Blut im Urin, Stuhl oder Erbrechen ist Hirtentäschel traditionell in Gebrauch.
Heilpraktiker empfehlen die Pflanze außerdem bei Blasenentzündungen, Durchfall und Erkrankungen des Verdauungstrakts. In Asien findet sie als Mundspülung bei Halsschmerzen oder als Aufguss bei Entzündungen der Harnröhre Anwendung. Die traditionelle chinesische Medizin nutzt Hirtentäschel-Präparate zur "Abkühlung des Blutes", zur Dyenterie- und Blutdrucksenkung sowie bei übermäßigen Blutungen nach der Geburt. Mitunter findet sich Hirtentäschel auch in Kombinationspräparaten zur Verbesserung der Sehkraft.
Inhaltsstoffe
Das Kraut enthält Vitamin A, Cholin, Acetylcholin, Tyramin, Fumarsäure, Oxalsäure, Apfelsäure, Glutaminsäure, Zitronensäure, Ascorbinsäure, Proteine und zahlreiche Aminosäuren (Threonin, Isoleucin, Asparagin, Tryptophan), Linolsäure, 3 polynesättigte Fettsäuren (Heptadecansäure, Palmitinsäure, Stearinsäure, Ölsäure), Betaine, Saponine, Alkaloide (Calystegin), Gerbstoffe, Flavonglykoside (Diosmin), Flavonoide (Quercetinglykoside, Kaempferolrutinoside, Quercetin, Kaempferol), Sterole (Beta-Sitosterol, Campesterol, Stigmastanol, Cholesterin, Stigmasterol, Ergostanol, Lupeol u. a.), schwefelhaltige Glucosinolate, Mineralstoffe (insb. Stickstoff).
Traditionelle Dosierung
Das Kraut lässt sich als Aufguss, Abkochung, frischer oder getrockneter Extrakt bzw. als Tinktur zubereiten. Bei Blutungen trinkt man 2–4 mal täglich je 1 Esslöffel eines starken Suds; bei anderen Anwendungsgebieten etwa 400 ml Tee pro Tag in kleinen Mengen oder an jedem zweiten Tag. Für Tee übergießt man 2–3 Teelöffel getrocknetes Hirtentäschel-Kraut mit ca. 250 ml kochendem Wasser, lässt den Aufguss maximal 10 Minuten ziehen. Extrakte nimmt man 2–3 mal täglich tropfenweise ein (10–30 Tropfen, je nach Präparat).