Gemeine Wegwarte – Cichorium intybus

Gemeine Wegwarte – Cichorium intybus

Gebräuchliche Namen: Gemeine Wegwarte, Wegwarte, Zichorie, Wilde Zichorie, Gemeine Zichorie, Chicorée, Gemeiner Chicorée, Gemeine Wild-Endivie, Blaue Wegwarte, Blaue Margerite, Blaue Korbblume, Blaue Blume, Blue Daisy, Blue Weed, Hendibeh, Wild Endive, Blue Dandelion, Blue Sailors, Bunk, Coffeeweed, Cornflower, Horseweed, Cichorium intybus

Lateinischer Name: Cichorium intybus

Herkunft: Afrika, Asien, Australien, Europa, Südamerika, Nordamerika

Kurzvorstellung

Die Gemeine Wegwarte wird meist wegen ihrer Blätter kultiviert, die roh als Salat zubereitet werden – doch sämtlichen Pflanzenteile besitzen therapeutisches Potenzial. Es existieren zahlreiche Sorten der Wegwarte mit unterschiedlichen Ansprüchen an Standort und Pflege; doch gemeinsam ist ihnen die vielseitige Verwendbarkeit sowohl im Garten als auch als Zimmerpflanze.

Im Freien entwickelt die Gemeine Wegwarte ihre volle Pracht. Die Aussaat erfolgt idealerweise nach dem 20. April bei einer Mindesttemperatur von 10 °C. Die Samen werden mit einem Abstand von 6–8 cm etwa 5–10 mm tief gesät. Die ideale Zeit zur Ernte des Wurzelstocks liegt im Frühjahr oder Herbst vor dem ersten Bodenfrost. Nach der Ernte sollten die Wurzeln gründlich gewaschen, in etwa 15 cm lange Stücke geschnitten, getrocknet und an einem schattigen, gut belüfteten Ort gelagert werden. Die Wurzel kann bis zu 30 cm lang und 15–20 mm dick werden. Geriebene Wegwarte eignet sich hervorrangend zur Zubereitung einer Kaffee-Alternative – dem sogenannten Ersatzkaffee, der in Zeiten von Kaffeeknappheit geschätzt wurde. Die Blüten sollten idealerweise an sonnigen Spätnachmittagen zu Ende des Sommers gesammelt werden.

Ausführliche Beschreibung

Die Gemeine Wegwarte ist eine weltweit bekannte, traditionelle Heilpflanze mit stark entgiftender Wirkung.

Botanische Informationen

Die Gemeine Wegwarte ist eine ausdauernde Staude, die Wuchshöhen von 70 bis 120 cm erreicht und eine charakteristische spindelförmige Wurzel bildet. Ihr Stängel ist kantig, stabil, im oberen Teil verzweigt und mit feinen Haaren bedeckt. Die Blätter unterscheiden sich je nach Position am Stängel: Die Grundblätter bilden eine Rosette, sind gestielt und gelappt, während die Stängelblätter wechselständig und sitzend sind. Die oberen Blätter sind meist lanzettlich. Die Blütenköpfchen sind 2–4 cm groß, fünfzählig (außer der Narbe) und radiärsymmetrisch. Die Blütezeit erstreckt sich von Juli bis Oktober. Das Blütenkörbchen ist kahl, die Hülle zweireihig. Der Kelch ist unauffällig, die Zungenblüten leuchtend blau. Die Frucht ist eine strohgelbe bis schwarze Achäne mit einer Krone aus kurzen Borsten am oberen Ende.

Herkunft und Verbreitung

Die Gemeine Wegwarte ist in ganz Europa, Westasien und Nordafrika verbreitet. Sie wurde zudem nach Ostasien, Australien, Sibirien, Neuseeland und Amerika eingeführt, wo sie sich ebenfalls bestens entwickelte. In Deutschland kommt sie von den Niederungen bis ins Vorgebirge vor und bevorzugt trockene Wiesen, Wegränder, Bahntrassen, Gräben und Feldraine. Bereits im alten Ägypten wurde die Wegwarte kultiviert. Im Mittelalter gelangte sie durch Mönche nach Europa und durch die niederländischen Kolonialmächte in die ganze Welt. In historischen Quellen lobten Persönlichkeiten wie Horaz und Friedrich I. ihre wohltuende Wirkung. Besonders im 20. Jahrhundert diente die Wegwarte als Kaffeeersatz – etwa in Deutschland und in amerikanischen Gefängnissen.

Verwendung / Dosierung

Die Gemeine Wegwarte besitzt vielseitige therapeutische Anwendungsmöglichkeiten. Alle Pflanzenteile enthalten wertvolle Wirkstoffe. Die Stängel werden gelegentlich in der Bierherstellung zur Aromatisierung verwendet, insbesondere in belgischen und niederländischen Malzen. Der Wurzelstock wird als Nahrungsergänzungsmittel verarbeitet – dabei wird der enthaltene spezifische Zucker (Inulin) extrahiert, der als alternative Süße in Diäten verwendet werden kann und etwa 10 % süßer als Saccharose ist. Inulin eignet sich auch hervorragend als präbiotischer Zusatz in Joghurt. Die Pflanze liefert darüber hinaus reichlich lösliche Ballaststoffe, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken.

Laborexperimente weisen auf einen Nutzen der Wegwarte bei parasitären Magen-Darm-Erkrankungen (z. B. durch Nematoden, besonders bei Wiederkäuern) hin. Bei Versuchstieren zeigte sich eine Verringerung von Lungenwurminfektionen bei ausreichender Fütterung mit Wegwarte. Die genaue Ursache wird derzeit der hohen Konzentration an Fettsäuren zugeschrieben, die insgesamt den Verdauungstrakt reinigen und die Verdauungsfunktion unterstützen können.

Inulin gilt als vorteilhaftes Polysaccharid, das u. a. bei der Gewichtsreduktion durch Appetithemmung unterstützen, die Darmtätigkeit regulieren und zur Verbesserung der Dickdarmfunktion sowie der allgemeinen Gesundheit beitragen könnte. Es wurde beobachtet, dass der Blutglukosespiegel gesenkt, die Gefäßfunktion verbessert und bei Tieren eine verstärkte Kalziumaufnahme zur Erhöhung der Knochendichte führen kann.

In der traditionellen Volksmedizin – besonders in Deutschland – wird die Gemeine Wegwarte in vielfältigen Alltagssituationen eingesetzt. Sie gilt als klassisches Tonikum zur Förderung der körperlichen Stärke und psychischen Ausgeglichenheit. Die Pflanze ist in der deutschen Naturheilkunde die erste Wahl zur Behandlung von Nierensteinen sowie bei Entzündungen der Harnwege. Sie regt die Urinproduktion an und hilft bei der Reinigung der Harnröhre. Auch bei der Reinigung der Gallenblase und bei Störungen der Leberfunktionen kann sie wohltuend wirken.

Kräuterkundige empfehlen innerlich die Anwendung bei akuter und chronischer Sinusitis sowie bei allergiebedingten oder anderen Formen von Schnupfen. Äußerlich wird aus der Wurzel ein Sud bereitet, der bei oberflächlichen Schnittwunden und nicht nässenden Schürfwunden angewendet wird.

Salben aus der Wegwarte werden zur äußerlichen Anwendung bei Ekzemen, Hautausschlägen, Wundliegen, Geschwüren, Schwellungen und entzündlichen Gelenkerkrankungen empfohlen. Aus den Blüten lässt sich ein Augentropfen bei Entzündungen gewinnen; zudem kann ein Sud aus Blüten und Wurzel als Haarwuchsmittel dienen.

Die Gemeine Wegwarte ist außerdem eine wertvolle Nektarpflanze für Bienen: Ihr Nektar ist leicht bläulich, und eine einzelne Pflanze produziert bis zu 0,4 mg Nektar pro Tag mit hohem Zuckergehalt. Der besonders seltene goldfarbene Zweitnektar kristallisiert zu groben Kristallen und wird von Imkern für die Herstellung sommerlicher Blütenhonige geschätzt.

Wirkstoffe

Die Wurzel enthält v. a. Inulin sowie Zellulose, Saccharose, Eiweißstoffe und einen hohen Anteil mineralischer Asche. Der Trockensubstanzgehalt des Wurzelstocks besteht zu bis zu 98 % aus Inulin; frische Wurzeln enthalten 13–25 % Inulin. Die leicht bittere Geschmacksnote der Wegwarte resultiert aus den beiden Sesquiterpenlactonen Lactucin und Lactucopikrin, ergänzt durch die Flavonoide Aeskuletin, Aeskulin, Cichoriin, Skopoletin sowie diverse weitere Glykoside und deren Lactone. Zudem weist die Pflanze einen bemerkenswerten Mineralstoffreichtum auf.

Traditionelle Dosierung

Ein Sud aus getrockneter Gemeiner Wegwarte wird kurz in 250 ml Wasser aufgekocht, 10 Minuten ziehen gelassen, abgeseiht und morgens sowie abends je eine Tasse kalt getrunken. Diese Zubereitung empfiehlt sich bei Beschwerden des Verdauungs- und Harntrakts sowie bei Lebererkrankungen. Für eine weitere Kräutermischung zur Leberunterstützung und nach Gelbsucht werden 1 EL Wegwartenblüten, 2 EL Löwenzahn, 2 EL Ehrenpreis gemischt; 1 EL dieser Mischung wird mit 250 ml Wasser übergossen, 5 Minuten ziehen gelassen und zweimal täglich als Lebertee getrunken.