Aloe vera – Echte Aloe

Gebräuchliche Namen: Echte Aloe, Aloe vera, Wüstenlilie, Curacao-Aloe, Barbados-Aloe, Aloe barbadensis, Aloe vulgaris, Medicinal Aloe, True Aloe, Latin: Aloe vera, Ursprung: tropisches und subtropisches Afrika
Lateinischer Name: Aloe barbadensis/vera
Herkunft: Afrika, Asien, Australien, Europa, Südamerika
Kurzvorstellung
Echte Aloe wird im Freiland in Regionen kultiviert, in denen die nächtlichen Wintertemperaturen nicht unter -5 °C fallen. Optimale Außentemperaturen für das Wachstum liegen zwischen 19 und 25 °C. In Europa zählen dazu die Küstengebiete Südspaniens und Süditaliens. In kühleren, nördlicheren Regionen empfiehlt sich die Kultivierung als Gewächshaus- oder Zimmerpflanze. In Deutschland sollte Echte Aloe in Tontöpfen mit porösem Boden und mäßiger Bewässerung angebaut und an einen sonnigen Standort gestellt werden. Die Pflanze verträgt keine Kälte und sollte nicht im Freien überwintern. In unseren Breiten ist die Echte Aloe selten zu sehen, kann aber beispielsweise im Botanischen Garten für Heilpflanzen der Universität in mehreren Großstädten bewundert werden.
Echte Aloe benötigt viel Sonnenlicht, stellt aber geringe Ansprüche an die Bodenqualität. Sie gedeiht gut auf nährstoffreichen, aber auch auf ärmeren (selbst salzhaltigen) Böden – wächst dort allerdings langsamer. Optimal ist ein sandiger, leicht alkalischer Boden (bis pH 8,5) mit ausreichend mineralischem Stickstoff. Beim Wasserbedarf ist sie genügsam und übersteht dank ihrer sukkulenten Eigenschaften längere Trockenperioden, sofern die Luftfeuchtigkeit ausreichend ist. Staunässe sowie schlecht drainierte Böden verträgt sie allerdings nicht.
Die Pflanzdichte auf Plantagen variiert, wobei pro Ernte mehrere Dutzend Tonnen frischer Blätter erzielt werden können. Die Pflanze kann bis zu 10 Jahre alt werden. Die Erntezeiten sind regional verschieden: In Indien meist im Herbst, in der Karibik bereits im Frühjahr. Für die Gewinnung des Latex werden zweijährige Pflanzen genutzt, für Gel die 3- bis 5-jährigen. Die Aussaat erfolgt nach reichlicher Düngung (z. B. mit Rinderdung, gern auch mit organischem Stickstoffzusatz). Die Ernte geschieht per Hand durch Abschneiden der ältesten Blätter der Blattrosette.
Für die heimische Anzucht empfiehlt sich die Vermehrung durch Ableger oder Stecklinge, da Samen schlecht keimen und die Jungpflanzen langsam wachsen. Ableger bilden sich im Sommer rund um die Mutterpflanze und werden geerntet, sobald sie etwa 10 cm groß sind. Stecklinge werden durch Schneiden von 5–6 cm langen Wurzelabschnitten mit je 2–3 Knoten gezogen.
Ausführliche Beschreibung
Das vielseitige Heilgewächs für äußere Anwendung bei Verbrennungen und Verletzungen, innerlich traditionell als mildes Abführmittel genutzt.
Botanische Informationen
Echte Aloe – Aloe vera – ist eine sukkulente (fleischige, wasserspeichernde) Pflanze, die Höhen bis zu 100 cm erreichen kann. Die ungestielten, schwertförmigen Blätter werden bis zu 50 cm lang, sind mehrere Zentimeter breit, äußerst dick und enthalten viel Wasser. Sie sind von einer festen, dicken Kutikula umgeben, die vor Verdunstung schützt, und erscheinen hellgrün; gelegentlich sind sie gefleckt. Bis zu 30 % des Blattgewebes besteht aus schleimhaltigem Mark mit Leitbündeln. Die Blattränder sind regelmäßig gezahnt. Der Stamm ist kurz. Die Blüten sind gelblich-rot, zylindrisch, etwa 3 cm lang, gestielt und stehen in Trauben, die bis zu 40 cm lang und einige Zentimeter breit werden. Als Frucht bildet sich eine dreikammerige Kapsel mit vielen Samen.
Herkunft und Verbreitung
Die ursprüngliche Heimat der Echten Aloe ist bis heute nicht zweifelsfrei geklärt; vermutlich stammt sie aus dem Niltal im Sudan. Wegen ihrer langen Tradition in vielen Kulturen gelten aber auch Arabien, die Insel Sokotra, die Kanarischen Inseln und Somalia als Ursprungsgebiete. Weitere Quellen vermuten den Ursprung in Südafrika, da viele Kulturen früher keine Unterscheidung zwischen Aloe vera und Kap-Aloe trafen.
Heute wird Echte Aloe weltweit kultiviert, sofern die klimatischen Bedingungen es erlauben, und kommerziell exportiert. In Europa wächst sie vor allem am Mittelmeer in Spanien, Italien, Griechenland, Portugal, auf Kreta und Sizilien. Weltweit gibt es große Anbauflächen in Indien, Thailand, Bangladesch, China (Provinz Yunnan), Madeira, auf den Kanarischen Inseln, in der Karibik (z. B. Jamaika, Dominikanische Republik), Mexiko, Kuba, den südlichen Bundesstaaten der USA (z. B. Texas, Florida, Arizona), Australien und in vielen Teilen Afrikas (vor allem Kenia, Tansania, Südafrika).
Verwendung / Dosierung
Zwischen den 1940er und 1980er Jahren wurde Aloe vera in der wissenschaftlichen Literatur teils kritisiert. Das änderte sich 2006 aufgrund pharmakologischer Studien, die ihre Wirkstoffe als vielschichtig und komplex beschreiben und ihren therapeutischen Wert belegen.
Hinsichtlich der Wundheilung und Behandlung von Verbrennungen gilt Echte Aloe heute als ausgezeichnete Wahl. Extrakte aus dem Gel wurden vielfach untersucht und zeigen eine kombinierte Wirkung: beschleunigte Heilung, entzündungshemmende Effekte, Förderung des Wachstums von Fibroblasten (wichtig für Kollagenbildung und Gewebeerneuerung) und Granulation neuer Haut. Das Gel bildet zuerst einen Schutzfilm, fördert die Durchblutung, erhöht die Sauerstoff- und Nährstoffzufuhr und unterstützt den Abtransport von Schadstoffen. Studien berichten eine schnellere Wundschließung, weniger nekrotisches Gewebe und stimulierte Zellregeneration im Vergleich zu Placebo.
Äußerlich wird Aloe-gel zur Linderung von Schnitt- und Schürfwunden, Verbrennungen, Insektenstichen, Prellungen, Akne, Hautgeschwüren, als Schutz vor Gamma- und UV-Strahlen sowie bei Ekzemen eingesetzt. Die Inhaltsstoffe wirken adstringierend, hautpflegend (emollierend) und zeigen milde antivirale, antimykotische und antibakterielle Effekte gegenüber bestimmten Keimen. Zwei entzündungshemmend wirkende Inhaltsstoffe – C-Glucosyl-Chromon und Mannose-6-Phosphat – wurden seit 1996 eindeutig identifiziert.
Schon in der Antike wurde das Aloe-Latex als natürliches Abführmittel verwendet, verantwortlich hierfür sind insbesondere anthrachinonhaltige Glykoside wie Barbaloin (Aloin) und Isobarbaloin. In ihrer Rohform nicht wirksam, werden sie im Dickdarm zu abführenden Metaboliten. Sie steigern die Peristaltik und fördern die Schleimbildung in der Darmschleimhaut – ein Effekt, der stärker ist als bei Faulbaumrinde oder Sennesblättern.
Aloe vera enthält besondere Polysaccharide wie Acemannan, Glucomannan und Galactogalakturan sowie ein spezifisches Glykoprotein namens Alprogen (Namensvarianten je nach Quelle möglich). In Kombination entfalten sie antiallergische und immunstimulierende, vor allem aber entzündungshemmende Eigenschaften. Klinische Studien bestätigen einen leichten antiviralen und antibakteriellen Effekt. Der bakterizide Einfluss betrifft unter anderem Keime wie Klebsiella, Pseudomonas, Streptokokken, Salmonellen und Staphylokokken.
In der modernen Forschung zu Krebsprävention wurde die Wirkung von Emodin, einem weiteren Aloe-Inhaltsstoff, auf das Wachstum von Tumorzellen untersucht – mit positiven Ergebnissen: Das Zellwachstum bestimmter Tumorarten wird gehemmt, gesunde Zellen bleiben unbeeinträchtigt. Weitere Wirkstoffe wie Lektine fördern in passender Dosis vor allem das Wachstum und die Regeneration gesunder Zellen.
Aloe vera erfreut sich wachsender Beliebtheit und zählt in der alternativen wie häuslichen Anwendung zu den zuverlässigsten Heilmitteln für Verbrennungen und Schnittwunden. Sie ist im indischen, chinesischen, karibischen, afrikanischen, pakistanischen und arabischen Kulturraum tief verankert und gewinnt auch in westlichen Ländern, insbesondere in den USA, zunehmend an Bedeutung. In allen Kulturen gilt Aloe vera als sanftes Laxans für chronische Verstopfung sowie äußerlich als erste Wahl bei eitrigen Wunden, Narben, Verbrennungen, Ekzemen und Sonnenbrand.
Auch die Homöopathie kennt Aloe vera und nutzt sie – meist in Dilutionen D3 oder D4 – zur Behandlung von Verstopfung, Durchfall, Hämorrhoiden und diversen Hautleiden (Entzündungen, Mykosen). In Indien wird frischer Aloe-Saft traditionell als Emmenagogum, also zur Förderung der Durchblutung im Beckenbereich und bei Leber- oder Menstruationsbeschwerden, angewendet. Die ayurvedische Medizin nutzt Aloe-Latex zur Entwurmung, inneren Reinigung und gegen schmerzhafte Hämorrhoiden. In der traditionellen chinesischen Medizin wird Aloe vera unter anderem bei Gastritis, Bauchschmerzen, Verdauungsproblemen, Sodbrennen, Bluthochdruck, Kopfschmerzen oder Schwindel, zudem gegen Akne eingesetzt. Das Latex gilt dort als kühlend und bitter, wirkt gegen Hitze und unterstützt die Leber- und Herzmeridiane. In der arabischen Volksmedizin wurde frischer Aloe-Saft als Wickel gegen Kopfschmerzen durch Sonnen- und Fieberbelastung verwendet.
2009 bewerteten zwei internationale Übersichtsarbeiten den Aloe-vera-Saft bei Diabetespatienten leicht hypoglykämisch (blutzuckersenkend), bei Hyperlipidämie leicht hypolipidämisch (senkt Blutfettwerte). Eine Übersichtsarbeit aus 2007 belegte, dass die Anwendung bei Verbrennungsverletzungen effektiv ist – weitere Studien und systematische Überprüfungen werden jedoch empfohlen.
Ernsthafte Nebenwirkungen traten nur nach akuter Überdosierung von Aloe-Latex auf. Gegenanzeigen bestehen für Schwangere, Stillende und Kinder unter zehn Jahren aufgrund mangelnder Daten. Latex ist bei schweren entzündlichen Darmerkrankungen, Koliken, blutenden Hämorrhoiden und Nierenentzündungen nicht angezeigt. Eine laxative Dauereinnahme (ab etwa 2 Wochen) sollte stets in Abstimmung mit einer Ärztin/einem Arzt erfolgen.
Inhaltsstoffe
Das Spektrum der Inhaltstoffe von Aloe vera ist breit gefächert. Das aus dem Blatt gewonnene Latex enthält zahlreiche Substanzen – im Fokus stehen Hydroxyanthron-Glykoside wie Barbaloin (auch Aloin genannt) und Hydroxyaloin mit abführender Wirkung. Insgesamt wurden bisher über 80 Wirkstoffe nachgewiesen und laufend werden neue Inhaltsstoffe identifiziert.
Strukturell dem Aloin verwandt: Emodin, das bereits erwähnte antitumorale Potenzial aufweist. Weiters findet man im Latex Mineralstoffe, ätherische Öle, Ketone, Aminosäuren, Sterole wie Lupeol oder Kaempferol, Gerbstoffe, Enzyme und Aldehyde. Die glykosidischen Bestandteile werden unterteilt in O- und C-Glykoside, enthalten sind freie und gebundene Anthrone sowie Dianthrone. Zu den enthaltenen Sacchariden zählen Pektine, Acemannan, Glukomannan und Mannose.
Traditionelle Dosierung
Bei verfügbarer Aloe-vera-Frischsaft liegt die empfohlene Tagesdosis zwischen 50 und 75 ml. Zu Beginn empfiehlt sich die untere Grenze. Die Tagesmenge kann auf 2–3 Portionen verteilt werden, pur oder verdünnt mit Wasser bzw. frischem Fruchtsaft und idealerweise 30–60 Minuten vor dem Essen zu sich genommen werden. Vor Verzehr gut durchschütteln und nach Anbruch innerhalb von 2 Monaten verbrauchen. Zur äußerlichen Anwendung kann der Saft direkt auf die betroffenen Hautstellen (Verletzungen, Verbrennungen, Akne) aufgetragen werden.